Mit seiner Werbung mit dem Notdienst an den Weihnachtsfeiertagen hat Apotheker Wolfgang Wittig inzwischen über Facebook mehr als 100.000 Menschen erreicht. Jetzt will der Inhaber der Bären-Apotheken in Ratingen und Erkrath seinem politischen Kampf für das Rx-Versandverbot mit einer pfiffigen Idee Schwung verleihen. Seit der EuGH am 19. Oktober Rx-Boni erlaubte, verwendet Wittig seinen Vergleich mit den deutschen Verkehrsgesetzen. „Das versteht jeder“, sagt Wittig: „Wir haben jetzt erstmals die Chance, dass sich etwas verändert.“
„Das ist so, als ob der Europäische Gerichtshof entscheiden würde, dass ausländische Paketdienste sich in Deutschland nicht an die deutsche Geschwindigkeitsbegrenzung halten müssen“, zieht Wittig auf Facebook einen eingängigen Vergleich. Nicht nur Wittig findet das Bild gelungen. In Internetforen erhielt er so viel Zuspruch, dass er daraus einen neuen Facebook-Post gemacht hat.
Auf das Foto eines deutschen Verkehrsschildes montierte Wittig seinen Vergleich und postete seine Idee erneut auf Facebook. Nun hofft er auf große Resonanz. Zurzeit sammelt er in seinen Bären-Apotheken wie viele andere deutsche Apotheken Unterschriften gegen das EuGH-Urteil. Durch dieses Urteil werde ausländischen Versandapotheken erlaubt, sich beim Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über deutsches Recht hinwegzusetzen, „an das wir als Ihre Apotheke vor Ort weiter gebunden sind“, steht dort zu lesen.
Dadurch entstehe ein Wettbewerbsnachteil, „den wir nicht hinnehmen wollen“. Die Lösung könne nicht sein, nun für alle die „Geschwindigkeitsbegrenzung“ aufzuheben, entwickelt Wittig seinen Vergleich weiter. „Die bestehenden Gesetze und die Arzneimittelpreisverordnung dienen dem Schutz der wohnortnahen Versorgung und das rund um die Uhr auch im Nachtdienst – genauso wie eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf bestimmten Straßen dem Schutz der Verkehrsteilnehmer dient.“
Seit dem 19. Oktober verwendet Wittig seinen Vergleich bei Kundengesprächen in seinen Apotheken. Das leuchte den meisten seiner Kunden sofort ein, berichtet der Apotheker: „Die Kunden verstehen jetzt zum ersten Mal, dass sie selbst vom EuGH-Urteil betroffen sind.“ Damit sei eine politische Diskussion angestoßen worden, die etwas zu Gunsten der Apotheken bewegen könne, hofft Wittig.
Jetzt sammele er fleißig Unterschriften für die ABDA-Kampagne. Mehr als 200 Kunden hätten bereits in seinen Apotheken unterschrieben. Die ABDA-Vordrucke für die Unterschriftenlisten gingen bereits zur Neige. In einer seiner Apotheken liegen schon Kopien aus.
Seinen Notdienst an den Weihnachtsfeiertagen nutzte Wittig nicht nur für Werbung in eigener Sache. „Egal ob Fieberzäpfchen für das Baby, Antibiotika bei Lungenentzündung oder einfach nur ein Nasenspray – wir sind für Sie da“, schrieb Wittig. In 21 Stunden hatte der Apotheker mit seinem Post 55.000 Menschen erreicht, inzwischen sind es mehr als 100.000. Wittig war sich nicht bewusst, welche Kreise sein Statement ziehen könnte. „Wir scheinen besonders bei den Kollegen einen Nerv getroffen zu haben.“ Mehr als 1000 „Likes“ hat Wittig bis heute gesammelt.
Der Notdienst sei eine von vielen „Gemeinwohlpflichten'“, die deutsche Apotheken jeden Tag leisteten, klärte der Apotheker auf Facebook auf. „Finanziert werden sie durch eine Mischkalkulation. Der Gesetzgeber hat bewusst die Arzneimittelpreise festgesetzt, um eine flächendeckende Versorgung rund um die Uhr sicherzustellen“, heißt es weiter.
Der Apotheker bezog sich dabei auch auf das Urteil aus Luxemburg: „Nun hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass diese Preisbindung nicht für ausländische Versandapotheken gilt. Diese leisten keinen Notdienst, dürfen sich aber die besonders lukrativen Artikel herauspicken. Wir werden heute trotzdem auch Patienten versorgen, die werktags ihre Arzneimittel in Holland bestellen“, postete Wittig und weiter: „Wenn in Zukunft der Postbote der Einzige sein wird, der Ihnen Auskunft über Wechsel- und Nebenwirkungen erteilt, wissen Sie, Sie haben Gold für Eisen getauscht.“ Jetzt hofft Wittig für seinen neuen Facebook-Post auf mindestens ebenso große Unterstützung seiner Kollegen.
Der offizielle Startschuss für die ABDA-Unterschriftenaktion fiel zwei Tage vor Weihnachten. Darin rufen Apotheker bundesweit ihre Patienten auf, für den Erhalt der flächendeckenden Versorgung durch Präsenzapotheken zu unterschreiben. Die Aktion soll bis zum 1. März laufen. „Wir wollen ein starkes Signal an die Politik senden und zeigen, dass der Wunsch nach dem Erhalt unserer guten Versorgungsstruktur in der Bevölkerung groß ist. Ich bitte alle Apothekenkunden und Patienten, für die Zukunft der Arzneimittelversorgung in Deutschland zu unterschreiben“, so ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.
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