EuGH-Urteil

Merkel orakelt zum Rx-Versandverbot

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Berlin -

Normalerweise legt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Sachfragen öffentlich erst fest, wenn sie sicher ist, in welche Richtung sich politische Mehrheiten entwickeln. Zum in der Koalition umstrittenen Thema des Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimittel lässt sich die Regierungschefin daher noch nicht aus der Reserve locken. Auf die Frage, ob sie sich in der DocMorris-Kampagne pro Versandhandel als Kronzeugin instrumentalisiert fühlt, antwortet die Kanzlerin im Stil eines Orakels.

Mit der Kampagne für den Erhalt des Rx-Versandhandels – „Der Versand von rezeptpflichtigen Arzneimitteln muss bleiben“ – erweckt DocMorris mit einem Merkel-Zitat den Eindruck, Merkel unterstütze die Position der niederländischen Versandapotheke. Dort ist ein Zitat der Bundeskanzlerin aus ihrer Haushaltsrede von 23. November 2016 auszugsweise wieder gegeben.

Auf Anfrage von APOTHEKE ADHOC, ob sich die Kanzlerin dadurch instrumentalisiert sieht, schickt ein Regierungssprecher nur das komplette Zitat als Antwort: „Wie gehen wir mit der Digitalisierung um, und was bedeutet Digitalisierung? Ich habe dies schon am Anfang meiner Rede als Auswirkung auf unsere gesellschaftlichen Diskussionen angesprochen, aber ich will es auch jetzt noch einmal als Auswirkung auf unsere Arbeitsplätze, unsere öffentliche Daseinsvorsorge und vieles andere mehr nennen: Wir werden nicht klarkommen, wenn wir bestimmte Dinge einfach verbieten und uns den neuen Möglichkeiten nicht öffnen.“

Und weiter: „Ich kann gut verstehen, warum man Uber nicht haben will und warum die Taxifahrer sagen, das wollen sie nicht. Aber bitte glauben Sie nicht, dass wir den Möglichkeiten der Digitalisierung entgehen können. Auch hier müssen wir es wieder schaffen, sie in das, was wir öffentliche Daseinsvorsorge nennen, vernünftig einzubeziehen. Es wird vielleicht Möglichkeiten geben, den öffentlichen Personennahverkehr im ländlichen Raum viel besser zu gestalten als mit den klassischen Bus- und Zugstrukturen. Es wird Möglichkeiten geben, die viele Menschen wieder beruhigen werden. Es wird Möglichkeiten geben, wie wir unsere Städte umweltfreundlicher gestalten. Lassen Sie uns das offen angehen. Die Veränderungen werden schneller kommen, als wir denken.“

Es ist nicht weiter verwunderlich, dass sich DocMorris in diesen Aussagen wiederfindet. Aber ist das einfach auf die Lager der Apotheken übertragbar? Zur Interpretation des Zitats mit Blick auf die Analogie zur Diskussion um das Versandhandelsverbot will sich der Regierungssprecher aber nicht äußern. Fragen zur politischen Haltung zum Rx-Versandverbot beantwortet die Regierungschefin auch nicht und verweist auf die Zuständigkeit des Bundesgesundheitsministerium.

Bekannt ist allerdings, dass Merkel am 26. September 2003 in namentlicher Abstimmung dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) und der darin enthaltene Einführung des Versandhandels als Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Oppositionsführerei zustimmte. Andere Abgeordnete der Unions-Fraktion lehnten in persönlichen Erklärungen die Einführung des Versandhandels damals ab. Günther Baumann, Veronika Bellmann und Beatrix Philipp sahen darin bereits vor 13 Jahren eine Gefährdung der „klassischen Apotheke mit ihrem hohen Qualitätsniveau“.

13 Jahre später hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ihre Meinung wieder geändert und spricht sich klar für ein Verbot des Rx-Versandhandels aus. Der letzte CDU-Bundesparteitag mogelte sich dagegen an einer Positionierung vorbei. Ein Rx-Versandhandelsantrag des CDU-Kreisverbandes Nienburg wurde ohne Aussprache an die Bundestagsfraktion überwiesen. Die CDU Niendorf spracht sich darin für den Erhalt des Rx-Versandhandels aus. In einer der nächsten Sitzung im neuen Jahr wird sich die Unions-Fraktion damit befassen müssen.

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