Linke-Antrag: Rx-Versandhandel verbieten Lothar Klein, 08.12.2016 13:21 Uhr
Während Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit seiner Gesetzesinitiative auf sich warten lässt, prescht die Fraktion Die Linke mit einem eigenen Antrag zum Rx-Versandverbot vor. Somit muss sich der Bundestag voraussichtlich im Januar mit diesem Thema befassen. „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der durch Änderung von § 43 Arzneimittelgesetz den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbietet“, fordert der von Kathrin Vogler (Linke) vorgelegte Antrag.
„Arzneimittel bergen Chancen und Risiken. Zu Recht werden an die Zulassung und die Erstattungsfähigkeit hohe Anforderungen gestellt“, begründen die Linken ihren Vorstoß. Doch die besten Studienergebnisse nützten nichts, wenn die Arzneimittel in der Praxis falsch eingesetzt würden. Durch fehlende Therapietreue würden nicht nur gesundheitliche Nachteile und Folgebehandlungen hervorgerufen. Durch Arbeitsausfall, ebenso wie durch Arbeit trotz Krankheit (Präsentismus) und Verrentung träten hohe indirekte Kosten für die Allgemeinheit auf. „Die Kosten wurden für Deutschland auf insgesamt 10 bis 20 Milliarden Euro jährlich geschätzt“, so der Antrag.
Zentrales Ziel zur Förderung der öffentlichen Gesundheit müsse daher die Adhärenz ein. Ein wichtiger Baustein dabei bilde die Abgabe der Arzneimittel durch die Apotheken. Im persönlichen Gespräch könnten Unklarheiten beseitigt, aber auch Unstimmigkeiten bei der Verordnung aufgedeckt werden. „Das persönliche Gespräch ist unerlässlich, um auf die individuellen Belange der Patientinnen und Patienten eingehen zu können“, so die Linke. Oft bestehe ein Vertrauensverhältnis, das notwendig sei, um überhaupt Gesprächsbereitschaft über sensible Belange der Therapie herstellen zu können.
Studien belegten die Effektivität „apothekerlicher Interventionen“, die dazu beitrügen, sowohl die Zahl der Krankenhauseinweisungen als auch Arzneimittelrisiken insgesamt zu reduzieren. „Apotheken können vor Ort im Rahmen eines Medikationsmanagements einen wesentlichen Beitrag zur Arzneimitteltherapie-Sicherheit (AMTS) leisten. Zur Notfallversorgung innerhalb und außerhalb der regulären Öffnungszeiten besteht kaum eine Alternative zu Präsenzapotheken“, so der Antrag.
Versandapotheken könnten diese Aufgaben von hohem Gemeinwohlbelang nicht oder nur unzureichend erfüllen. „Umso unverständlicher ist es, dass der Arzneimittelversand gerade für den ländlichen Raum zur Versorgungssicherung hervorgehoben wird. Denn dort ist die Apothekendichte gering und es wird versucht, mit häufigen Bereitschaftsdiensten, vielen Botengängen, dem Betreiben von Rezeptsammelstellen etc. die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Wer den Versandhandel zur Versorgungssicherung anführt, schwächt gerade hier die Strukturen vor Ort und hat den Anspruch an eine wohnortnahe und schnelle Versorgung rund um die Uhr offenbar aufgegeben“, so die Linke.
Vor diesem Hintergrund sei die Argumentation des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ein gesundheitspolitischer Offenbarungseid: Der EuGH stelle damit den freien Warenverkehr und die Interessen von großen ausländischen Versandapotheken über das gesundheitspolitische Anliegen einer flächendeckenden, qualifizierten Arzneimittelversorgung rund um die Uhr. Mehr noch: Er spreche Deutschland und den anderen EU-Staaten das Recht ab, selbst zu entscheiden, dass ein Preiskampf zwischen internationalen Kapitalgesellschaften und Präsenzapotheken kein geeignetes Mittel zur Sicherung der Versorgung sei.
Die jetzt entstandene Ungleichbehandlung könne langfristig nicht akzeptiert werden. Die Aufhebung der Preisbindung halten die Linken für kein taugliches Mittel. Ein Preiskampf führe entgegen „marktgläubiger Annahmen“ weder zu einer Verbesserung der Qualität noch zu einer Stärkung von Apotheken in strukturschwachen Regionen. Im Gegenteil: „Die Einsparungen werden zulasten der Personalausstattung und damit der Beratung gehen“, so der Antrag. Gerade Menschen mit niedrigem Einkommen, die durchschnittlich kränker sind und höheren Beratungsbedarf haben, würden dann Apotheken mit mehr Rabatt und weniger Beratung wählen.