EuGH-Urteil

Bewegung im Streit um Rx-Versandverbot Lothar Klein, 20.02.2017 10:43 Uhr

Berlin - 

In den Streit um das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgeschlagenen Rx-Versandverbot ist neue Bewegung gekommen. Beim Arzneimittelexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Hennrich (CDU), stößt der Vorschlag der SPD-Gesundheitsexperten Sabine Dittmar und Dr. Edgar Franke, ein Boni-Verbot zunächst über das Sozialgesetzbuch zu regeln, nicht rundweg auf Ablehnung: Zunächst soll aber die Ressortabstimmung des Gesetzentwurfs zum Rx-Versandverbot im Kabinett abgewartet werden.

„Wir sollten jetzt als Erstes die Ressortabstimmung abwarten“, sagte Hennrich zu APOTHEKE ADHOC und „den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun“. „In zwei bis drei Wochen wissen wir mehr.“ Er wolle den Vorschlag der SPD-Gesundheitspolitiker aber damit nicht ablehnen. „Der kommt dann auf den Tisch, wenn aus zeitlichen Gründen der andere nicht funktioniert“, sagte Hennrich.

Auch Edgar Franke (SPD) unterstrich gegenüber APOTHEKE ADHOC den Kompromisscharakter des mit Dittmar vorgetragenen Vorschlages: „Der Vorschlag soll den Apothekern kurzfristig helfen“, so Franke. „Das ist nur der erste Schritt und lässt alle weiteren Optionen offen, auch ein Rx-Versandverbot.“ Daher habe man die Befristung ins Spiel gebracht. Das sei ein handwerklicher Kompromissvorschlag, „um die Kuh vom Eis zu bringen“. Er schließe „alle anderen Regelungen nicht aus, auch nicht das von der NRW-SPD unterstützte Rx-Versandhandelsverbot“. Zudem sei der Vorschlag „an den Koalitionspartner gerichtet“.

Die harsche Gegenreaktion der ABDA verstehe er daher nicht, so Franke: „Wir wollen damit auf die Apotheker zugehen.“ Denn nach wie vor stehe das von Gröhe vorgeschlagene Rx-Versandverbot nach Ansicht der SPD-Bundestagsfraktion rechtlich auf wackeligen Boden und wegen der Notifizierung gebe es zeitliche Risiken, so Franke. Mit dem dem SPD-Vorschlag könne man die Apotheken vor den Folgen des EuGH-Urteils schützen, ohne weiteren Maßnahmen in der nächsten Wahlperiode vorzugreifen.

Franke unterstrich, dass der SPD-Vorschlag ein Rx-Boni-Verbot vorsehe, allerdings die im Heilmittelwerbegesetz (HWG) zulässigen Sachleistungen an die Kunden bis zur Höhe von einem Euro nicht antasten wolle. Das sei teilweise missverstanden worden. Zur Qualität des Vorschlags sagte Franke: „Er spiegelt die aktuelle Diskussion in der SPD wider.“ Franke und Dittmar hatten vorgeschlagen, zur Schaffung gleichlanger Spieße für deutsche und ausländische Apotheken Boni bis zu einem Euro zuzulassen. Nach zwei Jahren soll Bilanz gezogen und das Honorar auf neue Füße gestellt werden. Nach einem EuGH-Urteil finde in Deutschland kein fairer Wettbewerb statt, da ausländische Versandapotheken nicht mehr an die einheitlichen Apothekenabgabepreise gebunden seien, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Franke und Dittmar wollen den nach HWG zulässigen Bagatellbonus von einem Euro im Sozialgesetzbuch (SGB V) verankern. Die gesetzliche Neuregelung soll auf zwei Jahre befristet werden. In diesem Zeitrahmen soll eine Expertenkommission die wirtschaftliche Situation der Apotheken auf Grundlage einer Honorarstudie, die derzeit durchgeführt wird, sowie unter Berücksichtigung der Wettbewerbssituation im Apothekenmarkt, der Sicherstellung der Versorgung, der Einbindung der Apotheken in sektorenübergreifende Versorgungsmodelle und der Arzneimitteltherapiesicherheit evaluieren.

Franke und Dittmar monieren zudem an Gröhes Vorschlag, dass es für den Botendienst durch die vorgesehenen Regelungen zu einem organisatorischen Mehraufwand und insbesondere einem beträchtlichen Mehraufwand beim Einsatz von Fachpersonal kommen werde. Durch ein Versandhandelsverbot sei schließlich zu befürchten, dass die Versorgung von Patientengruppen mit speziellen Versorgungsbedarfen wie Spezialrezepturen sowie in den Bereichen Homecare und Palliativversorgung erschwert werde. Dasselbe gelte für infrastrukturschwache Gebiete ohne Apotheke.