Versandapotheken

Schulz verteidigt Rx-Preisbindung

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Berlin -

Als SPD-Kanzlerkandidat und designierter Parteivorsitzender will sich Martin Schulz nicht zum Rx-Versandverbot äußern. Als früherer Präsident des Europaparlaments hatte er immerhin eine Meinung zu den Zuständigkeiten im Arzneimittelbereich. Danach können die Nationalstaaten über Preise und Rx-Boni in eigener Regie entscheiden. Das geht aus einem Brief von Schulz an eine Apothekerin aus Baden-Württemberg hervor, der APOTHEKE ADHOC vorliegt.

Stephanie Isensee, Inhaberin der Pforzheimer Pregizer-Apotheke, hatte unmittelbar nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober nicht weniger als 19 Politiker angeschrieben, unter anderem Schulz und Angela Merkel (CDU). Die Apotheker in Deutschland erlebten gerade den „europapolitischen Supergau“. Die aktuelle Situation sei „Wasser auf den Mühlen sämtlicher Europakritiker“.

„Unser komplettes Arzneimittelverteilungssystem wird durch zwei Einzelanbieter aus Holland auf den Kopf gestellt, weil diese die Regelungen in den Niederlanden ausnützen, um die deutschen Vorschriften auszuhebeln. Und wir deutschen Apotheker stehen fassungslos vor einem Scherbenhaufen“, mailte Isensee am 24. Oktober an Schulz.

Nun werde sich zeigen, ob die Politik Willens und in der Lage sei, die inländischen Regelungen in Europa durchzusetzen. Ein umgehendes Verbot des Versands von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sei „unabdingbar“. Es gehe „um das gesamte System der Arzneimittelversorgung in Deutschland“. Isensee: „Ich bitte Sie dringend, sich dafür einzusetzen, was wir im Laufe von Jahrzehnten aufgebaut haben.“

Dann erinnerte die Apothekerin Schulz an seinen Einfluss „in Europa und auch in der SPD“. Damals gab es zwar schon Diskussionen in der SPD um die Kanzlerkandidatur. Abzusehen war allerdings noch nicht der Verzicht von Sigmar Gabriel. Trotzdem hielt Isensee Schulz schon für „maßgeblich in der Lage, einen Ausweg aus der verfahrenen Lage zu finden“.

„Helfen Sie mit, unser bewährtes Arzneimittelversorgungssystem in Deutschland zu erhalten?“, fragte sie Schulz. Mit dem EuGH-Urteil werde eine Lawine losgetreten, die dann womöglich in der Folge auch die deutsche Buchpreisbindung betreffe. „Gerade Sie können bestimmt verstehen, wie es um die Gemütslage in den deutschen Apotheken bestellt ist“, spielte die Apothekerin auf die Ausbildung von Schulz als Buchhändler an.

In seiner Antwort einen Monat später bezog der Schulz zwar keine direkte Position zum Rx-Versandverbot, unterstrich aber die nationalen Kompetenzen: „Wie Sie wissen, sind die Kompetenzen der Europäischen Union im Bereich der öffentlichen Gesundheit begrenzt.“ Die Verfahren für die Vermarktung und Zulassung von Humanarzneimitteln sowie die Regeln für die Beaufsichtigung von Produkten nach Zulassung seien in erster Linie in Richtlinie 2001/83/EG und Verordnung (EG) Nr. 726/2004 festgelegt.

Dann beschreibt Schulz die Zuständigkeiten: „Fragen wie die Festlegung von Preisen für Arzneimittel – einschließlich der Festlegung von Festpreisen für verschreibungspflichtige Arzneimittel sowie eines Verbots, diese Erzeugnisse unter Verwendung von Rabatten und Prämien in Verkehr zu bringen, wie dies in den deutschen Rechtsvorschriften über Arzneimittel, die Preisfestsetzung von Arzneimitteln sowie die Werbung für Arzneimittel vorgesehen ist – fallen dagegen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.“

Er habe die Mail der Apothekerin an den zuständigen Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI-Ausschuss) weitergeleitet, „damit sie in die künftigen Diskussionen dieses Ausschusses einfließen kann“, so Schulz.

Mit diesen Ausführungen stellt sich Schulz im Grunde gegen das EuGH-Urteil zu Rx-Boni: Die Luxemburger Richter hatten entschieden, dass sich ausländische Versender nicht an die Preisvorschriften halten müssen. Schulz zufolge wäre ein generelles Verbot von Rx-Boni dagegen sehr wohl möglich. Wie Schulz es mit einem Rx-Versandverbot hält, lässt sich nur indirekt über seinen Verweis auf die Richtlinie 2001/83/EG erschließen. Diese regelt unter anderem den Verkauf von Arzneimittel „an die Öffentlichkeit im Fernabsatz“. Darin findet sich ein Verweis auf die Möglichkeit zum nationalen Verbot des Rx-Versandhandels. In der aktuellen Debatte geht es aber auch darum, ob ein bereits erlaubter Rx-Versandhandel nach dieser Regelung wieder verboten werden kann.

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