Koalitionspoker

Lauterbach: Kein Deal, kein Rx-Versandverbot Lothar Klein, 08.03.2017 13:59 Uhr

Berlin - 

Die SPD bleibt offenbar bei ihrem Nein zum Rx-Versandverbot hart: „Die Diskussionslage in der SPD ist sehr übersichtlich. Ich lehne ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ab“, sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach. Wie es jetzt im Koalitionsstreit um den Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) weiter geht, ließ er offen. Er verwies auf das morgige Treffen mit ABDA und Vertretern von Versandapotheken gemeinsam mit dem stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Georg Nüßlein (CSU).

„Wir suchen weiter nach Lösungen“, so Lauterbach. Er selbst habe einen Kompromissvorschlag gemacht. „Den hat die Union abgelehnt. Damit ist er vom Tisch“. Lauterbach hatte Anfang Januar vorgeschlagen, als Gegenleistung für die Zustimmung der SPD zum Rx-Versandverbot die Zuzahlungen für Chroniker abzuschaffen. Diesen Vorschlag lancierte der SPD-Fraktionsvize überraschend via Bild-Zeitung und Twitter. Anschließend erklärte Lauterbach, diese Idee sei mit der SPD-Parteiführung abgestimmt gewesen.

Angekündigt hatte Lauterbach im Dezember zudem, „zeitnah“ eigene Alternativvorschläge zum Rx-Versandverbot von Gesundheitsminister Gröhe zu präsentieren: „Die müssen noch in dieser Legislaturperiode kommen“, so Lauterbach: „Das wäre sonst nicht fair“. Bisher ist dies nicht geschehen.

Zu den Vorschlägen der SPD-Gesundheitspolitiker Edgar Franke und Sabine Dittmar wollte sich Lauterbach nicht äußern. „Wir suchen nach neuen Lösungen“, sagte der SPD-Fraktionsvize und verwies auf das morgige Gespräch. Dazu haben Lauterbach und Nüßlein erneut die ABDA und Vertreter der Versandapotheken eingeladen. Für die Versender nehmen BVDVA-Chef Christian Buse und Vertreter von DocMorris teil. Auch das BMG ist mit Beobachtern vertreten.

Die SPD-Gesundheitspolitiker Franke und Dittmar hatten als Kompromiss vorgeschlagen, einen Rx-Bonus für alle Apotheken von maximal 1 Euro im Sozialgesetzbuch (SGB V) zu verankern. Die gesetzliche Neuregelung soll auf zwei Jahre befristet werden. In der Zwischenzeit soll das Apothekenhonorar überarbeitet werden. Gegenüber APOTHEKE ADHOC bekräftigte Franke diesen Plan: „Je länger die Diskussion über das Rx-Versandverbot ohne Ergebnis bleibt, je höher steigen die Chancen für diesen Kompromiss.“

Franke unterstrich erneut den Kompromisscharakter: „Der Vorschlag verbaut auch ein späteres Rx-Versandverbot nicht.“ Er gebe den Apotheken aber mehr Sicherheit als gar keine Regelung. Franke verwies darauf, dass zur Umsetzung auch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) geändert werden müsse, um Bagatell-Boni zuzulassen. „Das ist aber Gesetzestechnik“, so Franke.

Auch die ABDA bleibt vor dem morgigen Treffen auf hartem Kurs: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte den Vorschlag der SPD-Abgeordneten Franke und Dittmar zwar schon Mitte Februar als „einsamen Vorstoß“ und „Scheinlösung“ kritisiert. Jetzt legte Schmidt noch einmal nach: „Wer diese Idee propagiert, will offensichtlich das bewährte System der Arzneimittelversorgung in Deutschland schleifen.“

Diese Idee der SPD-Parlamentarier sei ebenso untauglich wie gefährlich, so der ABDA-Präsident. Die Wettbewerbsvorteile ausländischer Versandapotheken würden damit nicht neutralisiert, weil diese sich nach dem EuGH-Urteil ohnehin nicht mehr an die Preisbindung halten müssten. Außerdem würde sich die Wettbewerbssituation mit der Freigabe gedeckelter Boni sogar weiter verschärfen, so Schmidt, weil Präsenzapotheken dann auch durch inländische Konkurrenten umso schneller in eine Rabattschlacht gezwungen würden. „Da gießt man Öl ins Feuer statt zu löschen“, findet Schmidt.

Die Beschränkung des Versandhandels auf rezeptfreie Arzneimittel bleibe „alternativlos“, so Schmidt. Er forderte die Politik auf, zügig zu handeln: „Alle Parteien haben dringenden Handlungsbedarf konstatiert. Keine Partei hat eine tragfähige Alternative zum vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums präsentiert. Also wird es Zeit, den Entwurf umzusetzen.“

Eigentlich hatte man darauf gesetzt, dass der kurzfristig wegen Erkrankung von CSU-Chef Horst Seehofer abgesetzte Koalitionsgipfel am Dienstagabend eine Klärung hätte bringen können. Nun heißt es erneut abwarten. Ein neuer Termin für das Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit Noch-SPD-Chef Sigmar Gabriel, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Seehofer gibt es bislang noch nicht.