Kein Werbeverbot für Shop-Apotheke

EuGH: Länder dürfen OTC-Rabatte verbieten

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Berlin -

Die Diskussion darüber, ob Versandapotheken die flächendeckende Versorgung gefährden, könnte in Europa neu aufgerollt werden. Die Mitgliedstaaten müssen den Nachweis erbringen – was ihnen bislang nicht gelungen ist. In einem Streit um die Werbeaktionen der Shop-Apotheke in Frankreich hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Klärung der Frage an das nationale Gericht zurückverwiesen. Aus Sicht der Richter dürfen die EU-Länder aber Rabatte auf OTC-Medikamente und Massenmailings verbieten.

Laut EuGH kann der Online-Verkauf von Arzneimitteln als Dienst der Informationsgesellschaft im Sinne der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr eingestuft werden. Daher dürfe der Versand aus einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich nicht eingeschränkt werden – es sei denn, die Beschränkung sei durch bestimmte dem Allgemeininteresse dienende Ziele gerechtfertigt. Insofern gingen nationale Vorschriften, die jegliche Werbung von Angehörigen der Gesundheitsberufe für ihre Behandlungsleistungen allgemein und ausnahmslos verbieten, über das hinaus, was zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Würde eines reglementierten Berufs erforderlich sei.

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Ein Massenversand von Werbebriefen und -prospekten könne dem Ansehen des Apothekerberufs schaden. Das Gericht in Frankreich muss aber prüfen, ob Apotheker letztendlich komplett daran gehindert werden, außerhalb ihrer Apotheke überhaupt irgendwelche Werbung zu treiben, ganz gleich in welchen Format und in welchem Umfang. „Wäre dies der Fall, ginge das Verbot über das hinaus, was erforderlich ist, um die Erreichung der verfolgten Ziele zu gewährleisten.“

Rabatte

Ein Rabattverbot schränke die Möglichkeit einer ausländischen Versandapotheke ein, die Aufmerksamkeit von Interessenten zu wecken und ihre Dienstleistungen attraktiver zu machen. Eine solche Regelung sei aber mit EU-Recht vereinbar, wenn damit ein Fehl- oder Mehrgebrauch von Arzneimitteln verhütet werden solle. „Der Gerichtshof weist jedoch darauf hin, dass ein solches Verbot hinreichend bestimmt sein muss und insbesondere nur für Arzneimittel und nicht für lediglich apothekenübliche Waren gelten darf, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.“

Fragebogen

Dass Kunden bei der ersten Bestellung einen Anamnesefragebogen ausfüllen müssen, kann laut EuGH auf Patienten, die online Arzneimittel kaufen wollen, zwar abschreckend wirken. Allerdings schränke dies den freien Warenverkehr weniger stark ein als ein generelles Versandverbot. Damit gehe die Regelung nicht über das hinaus, was erforderlich sei, um die Erreichung des verfolgten Ziels der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten.

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Das Verbot, kostenpflichtige Links in Suchmaschinen oder Preisvergleichsportalen einzusetzen, schränkt laut EuGH das Spektrum der Möglichkeiten ein, potenzielle Kunden auf sich aufmerksam zu machen. „Es stellt mithin eine Beschränkung des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft dar.“ Zwar habe die französische Regierung die Maßnahme mit dem Ziel gerechtfertigt, eine ausgewogene Verteilung der Apotheken über das gesamte Staatsgebiet zu gewährleisten – sie habe aber nicht den Nachweis erbracht, dass die Maßnahme geeignet und erforderlich sei.

Laut EuGH dürfen Mitgliedstaaten den Apotheken nicht verbieten, kostenpflichtige Links in Suchmaschinen oder Preisvergleichsportalen einzusetzen. „Ein solches Verbot wäre nur dann zulässig, wenn vor dem nationalen Gericht der Nachweis erbracht würde, dass die Regelung geeignet ist, die Erreichung eines Ziels des Schutzes der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was hierzu erforderlich ist.“

Generalanwalt war anderer Meinung

Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Øe hatte es noch ins Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt, über Einschränkungen für den Apothekenmarkt zu befinden. Sofern sich diese etwa mit dem Gesundheitsschutz, der Sicherung der Versorgung oder auch nur dem Leitbild des Apothekerberufs rechtfertigen lassen, seien sie europarechtlich nicht zu beanstanden. Dies nachzuweisen, sei Aufgabe der Mitgliedstaaten – wobei sie Ermessensspielraum hätten und keinesfalls abwarten müssten, bis die befürchteten Risiken auch eingetreten sind. Vielmehr gehe es darum, konkrete Anhaltspunkte vorzulegen, die solche Risiken hinreichend plausibel machten.

Der Generalanwalt hatte sowohl im Schutz vor übermäßigem Arzneimittelkonsum als auch in der Würde des Apothekerberufs gute Gründe gesehen. Auch die Sicherung der flächendeckenden Versorgung sei ein gutes Argument, allerdings sei der Mitgliedstaat eben verpflichtet, eine Analyse zur Eignung und Notwendigkeit der Vorschriften vorzulegen und mit spezifischen Elementen zu versehen, die es ihm ermöglichen, seine Argumentation zu stützen. „Das nationale Gericht muss dann prüfen, ob die vorgelegten Beweise die Ansicht zulassen, dass diese Rechtsvorschriften das verfolgte Ziel erreichen können, und ob sie durch weniger restriktive Maßnahmen erreicht werden können.“

Den Vortrag der französischen Regierung hielt der Generalanwalt nicht für ausreichend. Gleichzeitig räumte er aber ein, dass der – aus seiner Sicht unbestreitbare – Wettbewerbsvorteil der Apotheken vor Ort nicht als Argument pro Versandhandel gegen Maßnahmen zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung herhalten dürfe. „Sofern diese Regierung das Bestehen dieses Risikos nachweisen und die angemessene Wahrscheinlichkeit ermitteln kann, dass eine bezahlte Notierung durch Erhöhung der Sichtbarkeit großer Online-Apotheken das Risiko erhöht, sollte das Verbot als angemessen und geeignet erachtet werden, dieses Risiko zu minimieren.“

Verklagt worden war die Shop-Apotheke gleich nach dem Start in Frankreich durch die Union Des Groupements de Pharmaciens d'Officine (UDGPO) als Dachverband von 16 Apothekenkooperationen mit knapp 4000 Mitgliedern und die Association Françaises de Pharmacies en Ligne (AFPEL) als Zusammenschluss von 14 französischen Versandapothekern. Außerdem machten drei Apotheker ihre Rechte als Wettbewerber geltend.

 

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