Eine pharmakologische Wirkung liegt auch dann vor, wenn eine Substanz mit irgendeinem zellulären Bestandteil im Körper des Anwenders interagiert. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Damit ist ein Präparat auch dann pharmakologisch wirksam – und somit als Arzneimittel einzustufen – wenn es beispielsweise auf Bakterien, Viren oder Parasiten einwirkt.
Hintergrund der Entscheidung war ein Rechtsstreit um die Mundspülung „Paroex“ des Herstellers Sunstar. Das Produkt enthält 0,12 Prozent des Antiseptikums Chlorhexidin und wird als kosmetisches Mittel vertrieben.
Die „Chemische Fabrik Kreussler“, die die Mundspülung Dynexan vertreibt, hatte 2006 geklagt: Paroex sei ein Arzneimittel und bedürfe einer entsprechenden Zulassung als Arzneimittel. Dann dürfte es nicht mehr von Zahnärzten an Patienten abgegeben oder im Einzelhandel verkauft werden, sondern nur noch in Apotheken.
Landesgericht und Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) hatten die Klage zunächst abgewiesen. Dabei bezogen sich die Richter auf eine europäische Richtlinie. Aus dieser gehe hervor, dass eine pharmakologische Wirkung nur dann zuzuerkennen sei, wenn eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen der Substanz und einem zellulären Bestandteil des Körpers des Anwenders bestehe.
Kreussler hatte beim Bundesgerichtshof (BGH) erfolgreich Revision eingelegt. Die Richter erklärten, eine Wechselwirkung zwischen der Substanz und einem zellulären Bestandteil des menschlichen Körpers sei nicht erforderlich, damit eine pharmakologische Wirkung vorliege und das Präparat als Arzneimittel gelte. Da Chlorhexidin mit Bakterien im Mund reagiere, könne eine pharmakologische Wirkung nicht ausgeschlossen werden. Die Klage dürfe nicht abgewiesen werden.
Das OLG hatte das Verfahren daraufhin zunächst ausgesetzt, sich an den EuGH gewandt und um Auslegung der entsprechenden Richtlinie gebeten. Von der Klarstellung der Richtlinie hänge die Entscheidung im Rechtstreit um die Mundspülungen ab, so die Richter.
Die Richter in Luxemburg bestätigten die Rechtsauffassung des BGH: Entscheidend sei, dass eine Substanz die physiologischen Funktionen wiederherstellt. Daher können auch Präparate, deren Moleküle keine Wechselwirkungen mit einem zellulären Bestandteil des Menschen aufweisen, als Arzneimittel gelten. Nun muss sich erneut das OLG mit dem Fall beschäftigen.
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