Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln dürfen auf ihren Produkten keine Gesundheitsaussagen machen, die nicht wissenschaftlich abgesichert sind. Und sie dürfen auf der Vorderseite keine generellen Aussagen machen, die dann nur auf der Rückseite erläutert werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Streit zwischen Dr. Willmar Schwabe und Queisser entschieden.
Im dem Streit ging es „Doppelherz aktiv Ginkgo + B-Vitamine + Cholin“. Der Hersteller bewarb sein Nahrungsergänzungsmittel auf der Vorderseite damit, dass es gut „für Gehirn, Nerven, Konzentration und Gedächtnis“ sei. Auf welche Zutaten die ausgelobte Wirkung zurückzuführen ist, wurde erst auf der Rückseite erläutert. Auf der Vorderseite wurde lediglich allgemein auf B-Vitamine und Zink verwiesen. Der Bundesgerichtshof (BGH) legte den Fall zur Vorabentscheidung in Luxemburg vor.
Laut EuGH genügt es nicht, wenn auf der Vorderseite der Umverpackung unspezifische Vorteile eines Bestandteils für die Gesundheit ausgelobt werden und die Erläuterung dazu nur auf der Rückseite zu finden ist – sofern es keinen ausdrücklichen Hinweis wie etwa einen Sternchenhinweis auf den Bezug zwischen den beiden Angaben gibt.
In der entsprechenden EU-Verordnung heißt es wörtlich: „Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden [...] sind [... ] nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen [...] enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.“
Anders als der Generalanwalt kamen die Richter zu dem Schluss, dass dies so zu verstehen ist, dass der Verbraucher den Zusammenhang sofort und unmittelbar visuell erkennen muss. Die erfordere grundsätzlich eine räumliche Nähe oder unmittelbare Nachbarschaft zwischen dem Verweis und der Angabe.
Nur in besonderen Fällen, in denen die Angaben wegen ihrer großen Zahl oder Länge nicht vollständig neben der verkürzten Angabe erscheinen könnten, seien ausdrückliche Hinweise wie etwa ein Sternchenhinweis auf die Erläuterungen etwa auf der Rückseite erlaubt. Dabei müsse „klar und für den Verbraucher vollkommen verständlich die inhaltliche Entsprechung zwischen den gesundheitsbezogenen Angaben und dem Verweis in räumlicher Hinsicht sichergestellt“ werden. Dies zu prüfen sei Sache der nationalen Gerichte.
Außerdem stellten die Richter noch einmal klar, dass auch allgemeine Angaben wissenschaftlich abgesichert sein müssten. Dazu genüge allerdings die Verwendung zugelassener Health Claims.
Schwabe freut sich über das Urteil, mit dem bestätigt werde, dass die Aufmachung des Queisser-Produkts irreführend im Sinne der Health-Claims-Verordnung ist. Der EuGH lege besonderes Augenmerk auf das Erfordernis einer wissenschaftlichen Begründung für beigefügte gesundheitsbezogene Angaben. „Daraus ist zu entnehmen, dass eine Kombination von Angaben nur dann zulässig sein soll, wenn es für deren Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit als Kombination entsprechende Nachweise gibt. Dies ist im Sinne des Verbraucherschutzes zu begrüßen.“
In den Vorinstanzen war Schwabe nicht erfolgreich gewesen: Sowohl Landgericht als auch Oberlandesgericht Düsseldorf wiesen die Klage ab. Der allgemeine Verweis sei zulässig, weil ihm – wie in der EU-Richtlinie vorgeschrieben – die speziellen gesundheitsbezogenen Angaben beigefügt seien. Die Aussagen seien durch anerkannte wissenschaftliche Nachweise gesichert und als zugelassene Health Claims abgesegnet. Anhaltspunkte, dass die Kombination bestimmte Wirkungen abschwäche, lägen nicht vor.
Schließlich erwarte der Durchschnittsverbraucher auch nicht, dass alle Angaben auf der Vorderseite der Verpackung vollständig seien; vielmehr sei er es gewohnt, auch die Zutatenliste auf der Rückseite zu lesen. Insofern dürfte für ihn auch klar sein, dass nicht alle ausgelobten Wirkungen auf jede einzelne Zutat gleichermaßen zurückzuführen sei. Queisser hat den Claim allerdings bereits auch auf der Vorderseite angepasst und die Aussagen den konkreten Bestandteilen zugeschrieben.
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