Die Herstellung von Defekturen bleibt nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zulässig: Für die Zubereitung in der Apotheke gelten nicht dieselben Maßstäbe wie für industriell und gewerblich gefertigte Arzneimittel. Hätten die Richter anders entschieden, hätten Defekturen zulassungs- oder verschreibungspflichtig werden können.
Der EuGH sieht das Herstellen einer Defektur als handwerkliches Verfahren und nicht als Fertigung im großen Maßstab oder gar Serienproduktion. Eine Defektur beschränkt sich nach Arzneimittelgesetz (AMG) auf eine Menge von bis zu 100 abgabefähigen Packungen pro Tag aufgrund einer nachweislich häufigen ärztlichen Verschreibung. Laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) müssen Regeln einer Pharmakopöe berücksichtigt werden, sofern solche vorliegen.
Selbst wenn ein Gericht aber zu der Einschätzung kommt, dass eine Zubereitung gewerblich oder unter Anwendung eines industriellen Verfahrens hergestellt wird, fällt dies zwar in den Anwendungsbereich der EU-Richtlinie für Humanarzneimittel; allerdings gelten auch hier Ausnahmen für Apotheken, sofern nach den Vorgaben einer Pharmakopöe gearbeitet wird, wie in AMG und ApBetrO vorgeschrieben.
Johannes Ertelt, Inhaber der Hohenzollern-Apotheke in Bisingen, nennt das Urteil eine „pharmazeutische Genugtuung“: Die „pharmazeutische Urkompetenz, Arzneimittel selbst herzustellen“, sei bestätigt worden. Sein Anwalt Dr. Cord Willhöft von der Kanzlei Fieldfisher in München, spricht von einem sehr positiven Urteil im Hinblick auf die flächendeckende Sicherstellung der Arzneimittelversorgung durch individuelle Apothekenherstellungen. Ina Hofferberth, Geschäftsführerin des Landesapothekerverbandes Baden-Würtemberg, sagte, die Defektur sei als wesentlicher Bestandteil des üblichen Apothekenbetriebes gestärkt worden.
In dem Fall ging es um Weihrauch-Kapseln, die Ertelt als Defektur herstellt. Wegen der Werbung in einer Broschüre war der Apotheker von Hecht Pharma, dem Hersteller des Nahrungsergänzungsmittels „H 15 Weihrauch“, abgemahnt worden. Im vergangenen Jahr waren in der Apotheke insgesamt 213 Packungen hergestellt worden – also deutlich weniger, als das AMG erlaubt.
Hecht Pharma hatte argumentiert, für nicht zugelassene Arzneimittel dürfe nicht geworben werden. Die Apotheke hielt entgegen, dieses Verbot gelte nur für Medikamente, die eine Zulassung benötigten – und damit nicht für Defekturen. In dem Rechtsstreit geht es daher letztlich um die Frage, ob die Weihrauch-Kapseln eine Zulassung benötigen. Diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) nach Luxemburg geschickt.
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