Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) fordert mehr Tempo bei der Arzneimittelproduktion in Europa und der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Sie mahnt die EU, das Pharmapaket zügig voranzutreiben, um Abhängigkeiten zu reduzieren. Auch Pro Generika warnt vor den Risiken der aktuellen Versorgungslage.
„Das EU-Pharmapaket ist ein wichtiger Ansatz für den Ausbau der Arzneimittelproduktion in Europa. Dabei geht es auch um das Ziel, den Gesundheitssektor angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen krisenfest zu machen“, betont Gerlach. Die EU-Kommission und die polnische Ratspräsidentschaft müssten den Abstimmungsprozess dringend vorantreiben und abschließen.
Das Paket soll die Rahmenbedingungen für Arzneimittelforschung, -entwicklung und -produktion verbessern. Zudem habe die EU-Kommission kürzlich den „Critical Medicines Act“ vorgeschlagen, um den Zugang zu essenziellen Arzneimitteln zu sichern und Abhängigkeiten von Drittstaaten zu verringern. Nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt es derzeit Lieferengpässe bei über 500 Arzneimitteln (Stand: 19. März).
„Gerade angesichts der angespannten sicherheitspolitischen Weltlage ist es unabdingbar, dass Europa sich künftig wieder verstärkt selbst mit Arzneimitteln versorgen und damit Abhängigkeiten verringern kann. Dafür muss der Forschungs- und Produktionsstandort Europa attraktiver werden. So halten und schaffen wir Wertschöpfung und Beschäftigung in Europa“, erklärt Gerlach.
Die aktuelle Abhängigkeit von Drittstaaten, insbesondere bei Generika, mache das Gesundheitssystem verwundbar, betont auch Andreas Burkhardt, Vorsitzender von Pro Generika. „Die Versorgung der Menschen in Deutschland mit Arzneimitteln ist nicht mehr bloß ein gesundheitspolitisches Thema“, warnt Burkhardt. „In Zeiten, in denen sich die Machtverhältnisse auf der Welt verschieben und offene Handelskriege geführt werden, ist sie auch ein sicherheitspolitisches Thema geworden.”
Auch in einem offenen Brief von elf EU-Gesundheitsministern, darunter Karl Lauterbach, werde diese Abhängigkeit bereits als „Achillesferse der europäischen Verteidigungspolitik“ bezeichnet. Die zukünftige Bundesregierung müsse das Problem zügig angehen, fordert er.
In Brüssel setzt sich Gerlach zudem für eine verstärkte Digitalisierung im Gesundheitswesen ein. Geplant sei ein Treffen mit Antti Timonen, Kabinettschef der Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Henna Virkkunen.
„Mit digitalen Anwendungen und Künstlicher Intelligenz (KI) gestalten wir den Wandel im Gesundheitswesen. Wenn wir die gigantischen Chancen von KI klug nutzen, können wir die medizinische Versorgung für die Menschen in Europa weiter verbessern, sie patientenzentrierter und personalisierter machen“, so die Ministerin.
Bayern habe früh erkannt, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit Gesundheitsdaten entscheidend sei. „Auf diesem Weg treiben wir viele innovative Projekte voran“, sagt Gerlach. Voraussichtlich im April soll ein Förderaufruf zum Thema „Einsatz von Digitalisierung und KI in der Pflege“ veröffentlicht werden. Für 2026 ist ein weiterer zum Thema „Digitale Assistenzsysteme und Robotik in der Pflege“ geplant.
Zudem setzt sich Gerlach für mehr Cybersicherheit in Krankenhäusern ein. „Cybersicherheit ist wichtig für die Krisenfestigkeit der Kliniken und anderer Gesundheitsdienstleister. Ich begrüße den in der Mitteilung der EU-Kommission vom 15. Januar 2025 vorgestellten Aktionsplan dazu, der unter anderem ein Unterstützungszentrum für Cybersicherheit vorsieht“, betont sie. Dieser Plan müsse so schnell wie möglich präzisiert und umgesetzt werden.