EU-Kommission plant neues Apotheken-Verfahren Alexander Müller, 06.07.2009 15:39 Uhr
Die EU-Kommission bereitet ein neues Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Regelungen im Apothekengesetz vor. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC moniert die Kommission aktuell das Regionalprinzip bei der Belieferung von Pflegeeinrichtungen durch öffentliche Apotheken. Berlin verteidigt die Regelung; lässt sich Kommission dennoch nicht überzeugen, droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren und gegebenenfalls eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Im November 2008 hatte die Kommission die deutsche Regierung erstmals aufgefordert, das Regionalprinzip in der Heimversorgung zu erklären, demzufolge Apotheken nur dann mit Pflegeeinrichtungen Verträge zur Belieferung mit Arzneimitteln schließen können, wenn sie sich im selben oder einem angrenzendem Kreis befinden.
Gegen diese Regelung ist offenbar eine Beschwerde bei der Kommission eingegangen. Laut Beschwerdeführer verstößt das Regionalprinzip gegen die Warenverkehrsfreiheit in der EU. Interessant könnte der Fall nicht nur für den Versandhandel, sondern auch für die industrielle Verblisterung werden.
Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) hatten sich im April mit der EU-Kommission getroffen. Doch auf Seiten der Brüssler Behörde gab es auch danach noch offene Fragen: Drei Tage nach dem Arbeitstreffen folgte die Bitte um eine zusätzliche schriftliche Stellungnahme.
Ende Juni war die Bundesregierung dieser Bitte nachgekommen und hat das Regionalprinzip erneut verteidigt: Die streitigen Bestimmungen seien im Sinne des EuGH erforderlich, um für die Gesundheit von nicht eigenständigen Heimbewohnern ein hohes Schutzniveau sicherzustellen. Änderungen des Apothekengesetzes seien demnach vorerst nicht geplant. Konkret bezieht sich die Regierung auf ein Urteil des EuGH vom 11. September 2008. Darin hatten die Luxemburger Richter das deutsche Regionalprinzip in der Krankenhausversorgung bestätigt und damit eine Klage der EU-Kommission zurückgewiesen.
Entsprechend ungeduldig klingt die Reaktion der Bundesregierung auf die hartnäckigen Nachfragen aus Brüssel: Mit der kritisierten Regelung habe der deutsche Gesetzgeber von „dem ihm europarechtlich zustehenden Recht Gebrauch gemacht zu bestimmen, auf welchem Niveau er den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten will und wie dieses Niveau erreicht werden soll“, heißt es in dem knappen Antwortschreiben. Zudem habe der EuGH auch in seinem Urteil zum Fremdbesitzverbot von Apotheken erst im Mai hervorgehoben, dass den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zusteht.
Ob die Kommission eine Vertragsverletzungsverfahren einleiten wird, konnte ein Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC nicht sagen. Bis September hat die Bundesregierung jedenfalls Ruhe: Die letzte Runde der Vertragsverletzungsverfahren vor der Sommerpause sei in Brüssel abgeschlossen, so der Sprecher.