Berufsfreiheit

EU-Kommission kritisiert Hürden für EU-Apotheker Lothar Klein, 11.03.2019 15:29 Uhr

Wieder Brüssel: Diesmal kritisiert die EU-Kommission die Umsetzung der grenzüberschreitenden Berufsfreiheit für Apotheker und Ärzte. Foto: EC
Berlin - 

Mit einer 2013 eingeführten Richtlinie wollte die EU-Kommission die Grenzen für Apotheker, Ärzte oder Architekten innerhalb der EU durchlässiger machen. Mit der Umsetzung der Berufsfreiheit für Fachkräfte ist man in Brüssel aber unzufrieden. Daher hat die Kommission jetzt alle 26 EU-Mitglieder außer Estland und Lettland mit einer Zweimonatsfrist aufgefordert, die Anerkennung von Berufsqualifikationen tatsächlich zu gewährleisten. Sonst drohen wie im Fall des Rx-Versandhandels Vertragsverletzungsklagen – auch gegen Deutschland.

Nur ein gut funktionierender Binnenmarkt könne sein volles Potenzial für Bürger sowie Unternehmen in ganz Europa entfalten, schreibt die Kommission. Bereits im letzten November hatte Brüssel auf Missstände hingewiesen. Jetzt ergreift die Kommission „weitere Durchsetzungsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass alle Mitgliedstaaten die EU-Vorschriften über die Anerkennung von Berufsqualifikationen uneingeschränkt einhalten“. Die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen sei 2013 modernisiert worden und hätte bis zum 18. Januar 2016 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Die Umsetzung erfolgte in den Ländern aber aus Sicht der Kommission offenbar nur unzureichend.

Ohne nähere Einzelheiten der Kritikpunkte zu benennen, verweist die Kommission auf verschiedene Sachverhalte, mit deren Umsetzung sie nicht einverstanden ist: Die mit Gründen versehenen Stellungnahmen und ergänzenden Aufforderungsschreiben beträfen Fragen, „die für die Anwendung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen von entscheidender Bedeutung sind“.

Probleme sieht die EU-Kommission beim Europäischer Berufsausweis (EPA): Hier sitzt Deutschland allerdings nicht auf der Anklagebank. Betroffen sind Österreich, Belgien, Bulgarien, Kroatien, Zypern, Dänemark, Finnland, Frankreich, Ungarn, Italien, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien und Schweden. Der EPA ist ein elektronischer Nachweis der im Heimatland erworbenen Qualifikationen. Er erleichtert Apothekern und anderen Fachklräften, innerhalb der EU den Arbeitsplatz zu wechseln. Apotheker können über den EBA EU-weit die Anerkennung ihrer Qualifikation online beantragen.

Neben anderen Ländern kritisiert die EU-Kommission Deutschland aber wegen der Umsetzung des Vorwarnmechanismus beim EBA. Bei Anträgen sind die Heimatbehörden verpflichtet, Berufsverbote dem ausländischen Verwaltungsamt mitzuteilen. Offenbar funktioniert das Meldesystem nicht richtig. Hier drohen Verfahren gegen Österreich, Belgien, Kroatien, Dänemark, Estland, Frankreich, Deutschland, Lettland, Malta, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien und Schweden.

Probleme sieht die EU-Kommission auch bei der Möglichkeit des partiellen Zugang zu einer Berufstätigkeit in Österreich, Belgien, Kroatien, Dänemark, Estland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Lettland, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien und Schweden. Für Antragsteller, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat für die entsprechende berufliche Tätigkeit ohne Einschränkung qualifiziert sind, deren Ausbildung jedoch nur einen Teil des Berufsbildes im Aufnahmemitgliedstaat ausmacht und der volle Berufszugang dort Ausgleichsmaßnahmen von mehr als drei Jahren erforderlich macht, ermöglicht der partielle Zugang zeitweise eine Berufstätigkeit. Ob es hier auch um Bachelorabschlüsse für Pharmazeuten geht, lässt sich der Mitteilung nicht entnehmen.

Kritisiert werden von der Kommission auch die sprachlichen Anforderungen an EU-Bewerber in Belgien, Bulgarien, Kroatien, Deutschland, Polen, Rumänien und Slowakei. In Frankreich, Ungarn, Italien und Portugal fehlen Beratungszentren. Bei fast allen Mitgliedstaaten kritisiert die Kommission die Transparenz und Verhältnismäßigkeit bei anderen regulatorischen Hindernissen. Alle betroffenen Mitgliedstaaten haben jetzt zwei Monate Zeit, um auf die Argumente der Kommission zu reagieren. Bleibt eine zufriedenstellende Antwort aus, kann die Kommission beschließen, die Mitgliedstaaten vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu verklagen.