Reden statt klagen – diese Priorität der EU-Kommission hat jetzt zur Einstellung der Vertragsverletzungsverfahrens gegen Polen, Rumänien und die Slowakei geführt. Die Verfahren waren im Zusammenhang mit dem Parallelhandel von Humanarzneimitteln gegen die drei Länder geführt worden.
Beim Parallelimport und -export von Arzneimitteln handelt es sich um eine legale Form des Handels im Binnenmarkt. Der Parallelhandel ermöglicht es Großhändlern, Arzneimittel in einem Mitgliedstaat zu kaufen. Das geschieht in der Regel dort, wo die Preise für Arzneimittel niedriger sind. Sie werden dann in anderen Mitgliedstaaten verkauft, wo die Preise höher sind. Parallelein- und -ausfuhren von Arzneimitteln sind mit dem freien Warenverkehr vereinbar. Geregelt ist das in Artikel 34 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
Nach sorgfältiger Prüfung kam die EU- Kommission jetzt zu dem Schluss, dass es besser ist, nicht auf Vertragsverletzungsverfahren zu setzen, um dieses komplexe Problem schnell und effizient zu lösen. Die Mitgliedstaaten können bereits in bestimmten Fällen den Parallelhandel beschränken, um eine angemessene und kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten.
In den letzten Jahren ist es in einer Reihe von Mitgliedstaaten zunehmend zu Engpässen bei der angemessenen und kontinuierlichen Versorgung von Apotheken mit Humanarzneimitteln gekommen. Gerade Deutschland ist wegen der im EU-Vergleich sehr niedrigen Preise für innovative Arzneimittel vermehrt von solchen Medikamentebabflüssen betroffen. Für Parallelhändler ist es ganz offenbar ein lukratives Geschäft, die durch das AMNOG rabattierten Medikamente hier aufzukaufen und in großem Stil in anderen Ländern teurer zu verkaufen.
Der Kommission ist durchaus bewusst, dass einer der Gründe für Lieferengpässe bei einer Reihe von Humanarzneimitteln im Parallelhandel mit Arzneimitteln liegen kann. Dennoch muss der Grundsatz des freien Warenverkehrs mit dem Recht des Patienten auf Zugang zur Gesundheitsversorgung sorgsam abgewogen und in Einklang gebracht werden, so die EU-Kommission ihrer Mitteilung. Das soll jetzt in der Arbeitsgruppe „Arzneimittel” entsprechend ausbalanciert werden.
Bereits Anfang Oktober 2016 wurde auf der informellen Tagung der Gesundheitsminister in Bratislava die Frage der Engpässe bei Humanarzneimitteln in der EU erörtert. Anfang März 2917 hatte das Europäische Parlament eine Entschließung zu den Optionen der EU angenommen, den Zugang zu Arzneimitteln zu verbessern. In dieser Entschließung forderte das Parlament die Kommission und den Rat der EU auf, die Ursachen für Engpässe bei Arzneimitteln zu analysieren, um die kontinuierlicher Lieferungen von Arzneimitteln zu überwachen. Anfang Dezember 2017 für der Rat dann einen Meinungsaustausch über die Arzneimittelpolitik in der EU durch.
APOTHEKE ADHOC Debatte