Gebrauchsinformationen

Booklet als „Beipackzettel light“ Carolin Bauer, 03.08.2015 10:44 Uhr

Berlin - 

Wenn Kunden am HV-Tisch ausführliche Informationen zu ihrem Arzneimittel wünschen, zücken die Mitarbeiter gerne die Packungsbeilage. Das könnte mit der EU-Fälschungsrichtlinie schwieriger werden. Denn diese sieht für Arzneimittelverpackungen nicht nur eine individuelle Kennzeichnung vor, sondern auch ein Verschlusssiegel, das vor der Abgabe nicht geöffnet werden darf. Die Verpackungsfirma Carl Edelmann bietet eine Faltschachtel mit einem mehrseitigen Heftchen an, das die wichtigsten Daten der Gebrauchsinformationen enthalten soll.

Edelmann hat die Idee gemeinsam mit dem Etiketthersteller Schreiner MediPharm entwickelt. Mehrseitige Booklets würden derzeit vor allem auf Flaschen angebracht, sagt Jürgen Dambacher, Leiter der Packmittelentwicklung. Auch bei Kunststoffdosen für Chemikalien oder in der Lebensmittelindustrie werden Booklets bereits eingesetzt. Die Heftchen für die Pharmaindustrie wurden im Mai 2014 erstmals auf einer Messe vorgestellt.

Die Packungsbeilage soll Apothekern und Patienten vor der Abgabe über Wechsel- und Nebenwirkungen oder weitere Angaben informieren. Die von der EU geforderte „Originalität der Verpackung“ soll dadurch erhalten bleiben. Das Booklet ist zudem wiederverschließbar. Ein Ersatz für den Beipackzettel ist das Etikett aber nicht: Alle pharmazeutisch relevanten Informationen sollten weiterhin in der Packung bleiben, so Dambacher.

Noch hat die baden-württembergische Firma keinen Kunden gefunden. Aber Dambacher ist zuversichtlich, dass die Nachfrage wachsen wird: „Wegen der Anforderungen der EU-Richtlinie hat das Booklet das Potenzial, Anwendung in der Öffentlichkeit zu finden.“ Der Vorschlag werde Ende September auf der Nürnberger Messe FachPack nochmals vorgestellt. „Ich denke, wir werden dort auf Interesse stoßen“, so Dambacher.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hält die zusätzlichen Informationen auf der Verpackung grundsätzlich für möglich, solange die gesetzlichen Angaben zur Kennzeichnung auf der Faltschachtel weiterhin aufgebracht werden können. „Ob und gegebenenfalls wie das Ergänzen dieser Informationen bei der Zulassungsbehörde anzuzeigen wäre, wurde bislang auch auf europäischer Ebene nicht diskutiert“, sagt eine Sprecherin. Ein gesonderter Antrag hänge von der konkreten Ausgestaltung ab wie etwa die Wortidentität mit der Gebrauchsinformation.

Edelmann wurde 1923 gegründet. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen mit rund 2300 Beschäftigten einen Umsatz von rund 238 Millionen Euro. Davon entfallen 43 Prozent auf den Arzneimitttelbereich. Edelmann stellt außerdem Verpackungen für die Kosmetik- oder Lebensmittelindustrie her. Insgesamt wurden 5 Milliarden Verpackungen und 1,2 Milliarden Packungsbeilagen produziert.

Schreiner MediPharm entwickelt und produziert Spezialetiketten und selbstklebende Kennzeichnungslösungen. Die Firma gehört zur Schreiner-Group mit Sitz im bayerischen Oberschleißheim, die 1951 gegründet wurde. Das Unternehmen beschäftigt rund 900 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von rund 145 Millionen Euro.