Abda startet Kampagne

„Es ist gar nicht viel, was die Apotheke braucht“

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Berlin -

Die Abda startet zusammen mit ihrer Jugendorganisation AByou in die Protestwochen. Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening sowie Apothekerin Dr. Ina Lucas und Apotheker Stephan Torke wiesen im Rahmen einer Pressekonferenz auf die aktuellen Probleme des Berufsstandes hin. Overwienings Forderung: „Es ist gar nicht viel, was die Apotheke braucht: mehr Entscheidungskompetenzen und ein bisschen mehr Geld.“

Mitte März saß Overwiening schon einmal im Haus der Bundespressekonferenz und wollte mit der Politik der Ampel-Koalition hart ins Gericht gehen. Doch am Vortag hatte der Bundestag die erleichterten Abgaberegeln für die Apotheken verlängert, „in letzter Sekunde“, wie Overwiening meinte. Denn ansonsten hätten die Lieferengpässe ab Ostern zu „einer nicht mehr beherrschbaren Bürde für Patientinnen und Patienten geführt“.

Die Lieferengpässe sind weiterhin eines der beherrschenden Probleme der Apothekerschaft, ebenso der Personalmangel und zuvorderst das seit Jahren nicht angepasste Honorar. Daher startet die Abda zum Auftakt der Protestwochen mit dem eigenen Berufsnachwuchs AByou zusammen die Kampagne „Gegen Zukunftsklau“. Vor allem in den sozialen Medien soll es in den kommenden Wochen Informationskampagnen geben, aber auch „offline“ sind einige Aktionen geplant. Die Kooperation sei ein „besonderer Schulterschluss“, so Overwiening.

Den politischen Diskurs hat derweil erneut die Politik mitgeprägt. Gestern hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ein eigenes „Faktenblatt“ zur Lage der Apotheken verbreitet – demnach geht es der Branche post-Corona eigentlich sehr gut. Natürlich wurde Overwiening als Erstes auf diesen Gegenangriff angesprochen.

„Überraschend“ findet die Abda-Präsidentin, wie sich das Ministerium gegen unsere Forderungen platziert habe. Bei der Abda wundert man sich, dass im BMG offenbar nicht zwischen Umsatz und Ertrag unterschieden wird. „Wenn ich davon ausgehe, dass sie wissen, was sie tun, dann blenden sie die Bevölkerung. Das verurteile ich aufs Strengste.“ Die Zahlen seien in der Interpretation völlig verfehlt.

Doch diesmal will sich die Abda nicht den Wind aus den Segeln nehmen lassen. Mit dem Lieferengpassgesetz (ALBVVG) sollen die Apotheken einen laut Overwiening „mickrigen“ Betrag von 50 Cent zur Bewältigung der Engpässe erhalten sollen. Sie erwarte, dass das Gesetz seinem Namen gerecht wird. Der Entwurf reduziere stattdessen die in der Corona-Pandemie geschaffenen Kompetenzen der Apotheken. „Wir wollen keine weitere Bürokratie, wir wollen Entscheidungskompetenz haben.“ Überflüssige Bürokratie wie die Präqualifizierung könne mit dem ALBVVG mit abgeräumt werden, ebenso die Null-Retaxation.

Dafür kämpft auch die Nachwuchsorganisation AByou mit nach eigenen Angaben rund 500 Mitstreiter:innen – junge Kolleg:innen, die sich vor allem digital vernetzen und eigene Aktionen planen.

Zu der Gruppe zählt die Berliner Apothekerin Ina Lucas, die mit einer Kollegin seit 2014 eine Apotheke in Berlin betreibt. Zwischen 2017 und 2022 wurden drei weitere Apotheken gegründet oder übernommen. Doch selbst in ihrer noch relativ jungen Karriere als Inhaberin hat sie schon eine Veränderung im Markt bemerkt. Es gebe „riesige Personalprobleme“, der Markt sei „komplett leergefegt“. Das Personal wandere in die Industrie oder zu den Krankenkassen ab. „Denn die Löhne von Industrie und Kassen kann sich keine Apotheke leisten.“ Dabei hätte sie in ihren Apotheken genug Arbeit für hundert Apotheker:innen.

Die Apotheken bekämen zwar immer neue Aufgaben. Doch beispielsweise die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) seien teilweise so schlecht vergütet oder bürokratisch so aufgebläht, dass sie ökonomisch keinen Sinn machten. „Wir brauchen verbindliche Rahmenbedingungen und eine auskömmliche Finanzierung“, fordert Lucas. Die Kampagne „Gegen Zukunftsklau“ solle auf die politische Geringschätzung der Apotheken aufmerksam machen.

Ihr AByou-Mitstreiter Stephan Torke aus dem sächsischen Freital ergänzte, dass das wirtschaftliche Risiko von Null-Retaxationen nicht mehr tragbar sei. „Das ist mit der aktuellen Vergütung nicht mehr möglich.“ Beispiel Engpassmanagement: Das koste jedes Mal zehn bis 15 Minuten, denn es gehe ja nicht darum, irgendeinen Austausch zu finden, sondern zusammen mit dem Arzt die bestmögliche Versorgung zu finden. Torke monierte zudem die extremen bürokratischen Auflagen – von Präqualifikation bis zur Leiterschulung der Mitarbeiter

Die Apotheke gelte gemeinhin als familienfreundlicher Arbeitsplatz – das gelte nicht für die Inhaber:innen, so Torke. Da habe man schnell „Öffnungszeit gleich Arbeitszeit“ und das habe mit Familienfreundlichkeit nichts mehr zu tun. „Es wird Zeit, dass unsere jüngere Generation wieder eine Perspektive bekommt.“

Overwiening ist überzeugt, dass die Bundesregierung den Protesttag am 14. Juni durch Untätigkeit provoziert habe, bei den Lieferengpässen, bei der Personalnot und der wirtschaftlichen Lage der Apotheken. Statt die Apotheken – wie im Koalitionsvertrag versprochen – zu stärken, schwäche die Regierung die Apotheken.

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