Erstattungspreise

Riesenenttäuschung für Lauterbach

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Berlin -

Um die gesetzgeberische Umsetzung des Pharmadialogs zeichnet sich in der Regierungskoalition ein handfester Streit ab: SPD-Gesundheitspolitiker Professor Dr. Karl Lauterbach bezeichnete die Ergebnisse des Pharmadialogs als „Riesenenttäuschung“. Aus Sicht des stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden ist die vereinbarte Vertraulichkeit der Erstattungspreise nicht akzeptabel. Keine Lösung sieht Lauterbach auch in den Regelungen zu den Lieferproblemen.

Der Pharmadialog biete „keine Impulse für eine bessere Versorgung der Patienten“, sagte Lauterbach bei der Veranstaltung „AOK im Dialog“. „Daher müssen wir die Impulse selbst setzen“. Statt weniger benötigten die Ärzte „mehr Transparenz“. Daher passe es nicht, „dass der Erstattungspreis nicht zugänglich gemacht werden soll“. Darin sehe er eine „unerträgliche Bevormundung“ der Ärzte.

Damit wandte sich der SPD-Fraktions-Vize gegen die Pharmadialog-Vereinbarung zur Vertraulichkeit. Erstattungsbeträge neuer Arzneimittel sollen künftig nur noch „Institutionen des deutschen Gesundheitswesens“ offen gelegt werden, wenn sie die Preise zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben benötigen.

Als „sehr kritischen Punkt“ sieht Lauterbach weiterhin die Zulassungsverfahren: Diese liefen „zu schnell“, seien „nicht gut evaluiert und damit nicht belastbar“. Problematisch sei, die „nicht so robuste Bewertung aus der Zulassung in die Nutzenbewertung zu importieren“.

Auch bei der Begrenzung der Arzneimittelpreise sieht Lauterbach weiterhin Handlungsbedarf, vor allem mit Blick auf neue Krebsmedikamente „mit meist nur kleinen Innovationen“. Für die Krankenkassen könne diese Tendenz in den nächsten Jahren mit Therapiekosten von 100.000 Euro zu einer Kostenexplosion führen: „Die Preise stehen in keinem Verhältnis zum zusätzlichen Nutzen.“

Die gleiche Position vertrat in der Diskussion Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Den im Pharmadialog vereinbarten Schwellenwert von 250 Millionen Euro für die vorzeitige Preisabsenkung neuer Arzneimittel sei „absolut unsinnig“ und mache „medizinischer Sicht keinen Sinn“, so Ludwig. „Warum hat die Politik im Pharmadialog keinen Sachverstand herbeigezogen?“, so Ludwig.

Auch das Problem der Lieferengpässe werde mit der freiwilligen Meldevereinbarung nicht gelöst. Stattdessen müssten Meldepflichten für die Arzneimittelhersteller eingeführt werden. Für ein wohlhabendes Land wie Deutschland sei es eine „Schande“, dass vor allem in der Onkologie neue Arzneimittel nicht zur Verfügung stünden: „Wie soll ich das meinen Patienten erklären?“

Ludwig und der Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, stimmten überein, den Ärzten größere Verantwortung bei der Auswahl der Arzneimitteltherapien einzuräumen: „Wir müssen den Ärzten die Verantwortung für die Therapiekosten übertragen“, so Ludwig. Für Litsch haben die mit den Krankenkassen verhandelten Preise mit der „Wirtschaftlichkeit“ von Therapien nichts zu tun: „Die Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit trifft der Arzt.“ Der müsse die gesamten Therapiekosten bewerten und nicht nur Arzneimittel.

Ludwig wie Litsch reagierten damit auf die Argumentation von Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA). Fischer lobte die im Pharmadialog vereinbarte Vertraulichkeit der Erstattungspreise mit dem Argument der Wirtschaftlichkeit. Mit den Kassen ausgehandelte Erstattungspreise seien stets wirtschaftlich und daher eine Information der Ärzte nicht erforderlich: „Sonst hätten die Kassen nicht zugestimmt.“

Verständnis für die Position Fischers zeigte CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich. Er verteidigte die Vertraulichkeitsregelung als „pragmatische Lösung“. Er erhoffe sich von den Herstellern dadurch „mehr Flexibilität“ in den Preisverhandlungen.

Für eine Änderung der Importquote-Regelung sprach sich AOK-Chef Litsch aus. Damit werde nur eine „sehr enge Sparte“ subventioniert. „Das brauchen wir nicht“, so Litsch. Trotzdem wollten die Kassen nicht auf diese Ersparnisse verzichten. Gemeinsam mit der Politik wolle man einen „anderen Weg finden, dieses Sparpotenzial zu heben“, so Litsch.

Im Pharmadialog wurde das Thema Reimporte nicht behandelt. Allerdings sprachen sich die Gesundheitspolitiker der Koalition in ihrem Positionspapier dafür aus, den Preisabstand auf 15 Prozent festzuschreiben. Hennrich (CDU) wiederholte seine Kriritk an der Importquote. Diese sei veraltet und müsse überarbeitet werden.

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