Apothekenmarge

Die Esbriet-Falle APOTHEKE ADHOC, 21.02.2014 15:24 Uhr

Eine Pille, viele Preise: Mit dem Pharmapaket hat der Listenpreis als Grundlage für die Apotheken ausgedient. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Esbriet (Pirfenidon) ist ein Medikament, das in der Apotheke vergleichsweise selten vorkommt. In der politischen Debatte um die Apotheken- und Großhandelsmarge war das Mittel zur Behandlung der idiopathischen pulmonale Fibrose (IPF) aber womöglich kriegsentscheidend. Denn dass die Apotheken einen fiktiven Listenpreis abrechnen, könnte das Zünglein an der Waage gewesen sein.

Seit 2011 müssen Hersteller und GKV-Spitzenverband über die Preise für neue Arzneimittel mit Zusatznutzen verhandeln. Am Ende zahlen die Kassen den sogenannten Erstattungspreis, der sich aus Listenpreis abzüglich Abschlag ergibt.

Über die Frage, auf welcher Basis die Margen von Apotheken und Großhandel berechnet werden, war seit Sommer 2012 erbittert gestritten worden. Ein Preisrutsch im Bestandsmarkt ist zwar vom Tisch. Doch je nachdem, ob der Herstellerrabatt in den Abschlag einfließt, sinken bei Hochpreisern die Margen erheblich. Außerdem sind die Neueinführungen von heute der Bestandsmarkt von morgen.

Vor einem Jahr schuf der Deutsche Apothekerverband Fakten: Seit Februar 2013 kann der Erstattungspreis über die Software abgerechnet werden – mit Margen auf Basis des Listenpreises. Die Kassen reagierten verschnupft, den Herstellern war es egal bis recht: Schließlich braucht der Listenpreis irgendeine Berechtigung, um als Referenz im Ausland noch ernst genommen zu werden.

Im September 2012 trat der mit den Kassen ausgehandelte Preis für Esbriet in Kraft. Dem Hersteller Intermune war das Versteckspiel offensichtlich einerlei: Warum überhaupt beim Preis differenzieren? Mit der Meldung des Erstattungsbetrags wurde im Februar 2013 der Listenpreis von rund 3450 auf 3080 Euro gesenkt.

Für die Apotheker bedeutete das nicht nur rund 10 Euro weniger an Honorar, sondern ein grundsätzliches Problem. Denn im Gesetzestext heißt es: „Der Erstattungsbetrag wird als Rabatt auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers vereinbart.“ Wenn aber der Rabatt schon in den Listenpreis einfließt, droht er doppelt abgerechnet zu werden.

In den Tiefen der Software findet sich daher neben dem Taxe-VK ein weiterer Abgabepreis: der VK 130b. Diese Summe, die dem alten Listenpreis entspricht, wird auch auf das Rezept gedruckt – ein fiktiv-fiktiver Apothekenverkaufspreis sozusagen.

Auch wenn die Korrektur der Herstellermeldung offensichtlich sachlich also richtig war, könnte sie für die Kassen das entscheidende Argument in der Debatte gewesen sein. Bekanntlich ließen sich die Kassen auch nicht davon stören, dass sie der ursprünglichen Regelung zugestimmt hatten.

Als klar war, dass die Politik den Listenpreis endgültig beerdigen würde, brachte der GKV-Spitzenverband zuletzt auch noch eine staatliche Kontrolle über die Preis- und Produktinformationen ins Spiel: Immerhin seien in der Lauertaxe „strukturelle Veränderungen“ vorgenommen worden – „mit erheblichen Konsequenzen für die Arzneimittel-Versorgung in der GKV“.

Die ABDA hatte in ihrer Stellungnahme zum Pharmapaket eine Belastung der Apotheken von 3,5 Millionen Euro prognostiziert – alleine für 2014: „Eine sukzessive Ausweitung der Erstattungsbeträge wird in den Folgejahren einen entsprechenden Anstieg der Belastungen von Apotheken und Großhandlungen in Millionenhöhe zur Folge haben.“ Der Großhandelsverband Phagro sprach von einer ungerechtfertigten Spannenkürzung als „Konsequenz von Vertragsverhandlungen zu Lasten Dritter, insbesondere zu Lasten des Großhandels“.