Erstattungsbeträge

„Vertraulichkeit bringt Apothekern Millionen“

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Berlin -

Seit Jahren kämpfen die Hersteller dafür, dass die mit den Kassen ausgehandelten Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel unter Verschluss kommen. Auf diese Weise sollen wenigstens im Ausland die Preise stabil gehalten werden, wo Deutschland oft als Referenz gilt. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will diesen Wunsch nun erfüllen. Kritiker warnen vor Chaos – und vor Millionengewinnen für die Apotheken.

Der Entwurf zum Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) sieht vor, dass der zwischen GKV-Spitzenverband und Hersteller vereinbarte Erstattungsbetrag künftig nicht mehr öffentlich gelistet wird. Nur Institutionen, die ihn „zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben“ benötigen, sollen noch über den tatsächlichen Preis in Kenntnis gesetzt werden. Details stehen im Entwurf nicht, sondern sollen per Verordnung von Gesundheits- und Wirtschaftsministerium geregelt werden.

Die Krankenkassen lehnen den Vorstoß als absolut unausgegoren ab. Vertrauliche Preise könnten nicht mehr bei der Abgabe in der Apotheke berücksichtigt werden, sondern müssten als Rabatt rückwirkend eingetrieben werden – analog zu den Rabattverträgen, aber in einem Umfang, der nicht mehr zu bewältigen wäre. Sie warnen zudem, dass den Herstellern so „zinslose Liquidität aus Versichertengeldern“ verschafft würde.

Befürchtet werden aber auch erhebliche Mehrkosten auf der Handelsstufe. Bei geheimen Erstattungspreisen müssten die Spannen von Großhandel und Apotheken auf Basis – womöglich vollkommen überhöhter – Listenpreise kalkuliert werden. Der PKV-Verband hat ausgerechnet, dass alleine Privatversicherte und Beihilfeberechtigte mit einem zweistelligen Millionenbetrag belastet würden. Diese Kosten müssten folglich von den Herstellern ausgeglichen werden.

Auch die Zuzahlung der Versicherten würde massiv steigen, wenn sie auf Basis des fiktiven Listenpreises kalkuliert würde, gibt unter anderem der AOK-Bundesverband zu bedenken. Die Privatversicherer sehen Selbstzahler im Abseits und damit das Kostensteuerungsinstrument der Selbstbehalttarife in Gefahr.

Schließlich weisen die Kostenträger darauf hin, dass sich Festbeträge ohne Kenntnis der realen Preise genauso wenig festsetzen ließen wie zweckmäßige Vergleichstherapien. Generikahersteller könnten nicht mehr für Ausschreibungen kalkulieren, Apotheker müssten im Blindflug Reimporte abgeben. Ärzte schließlich könnten nicht mehr wirtschaftlich verordnen – was diesen freilich sehr gelegen käme: In ihrer Stellungnahme hatte sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) daher gegen die Meldung an Praxen und Apotheken ausgesprochen.

Die Kassen fordern daher, dass neben den Kostenträgern, ihren Verbänden und Dienstleistern auch Ärzte, Apotheker und Kliniken sowie deren EDV-Anbieter, andere pharmazeutische Unternehmer sowie G-BA und IQWiG, Aufsichten wie Bundes- und Landesaufsichten und -rechnungshöfe und schließlich Schiedsstellen und Prüfgremien sowie wissenschaftliche Institutionen die Erstattungspreise weiterhin kennen sollen.

Monatelang hatten GKV-Spitzenverband und Apotheker seit Sommer 2012 erbittert gestritten, welcher Preis für die Berechnung der Marge zugrunde zu legen ist. In der Rahmenvereinbarung mit den Pharmaverbänden war zwar explizit vereinbart worden, dass der Listenpreis hierfür seine Gültigkeit behält.

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) schuf daher Fakten und wies Softwarehäuser und Rechenzentren an, ab Februar 2013 den Erstattungspreis über die Software mit Margen auf Basis des Listenpreises abzurechnen.

Doch die Kassen hatten eine neue Sparmöglichkeit entdeckt; das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sah es am Ende genau so. Zünglein an der Waage war Esbriet (Pirfenidon: Anders als andere Hersteller hatte Intermune den Listenpreis direkt auf das Erstattungsniveau gesenkt; die Apotheken rechneten daher ihre Margen auf Basis eines fiktiven Listenpreis ab. Für die Kassen war dieses Vorgehen das entscheidende Argument in der Debatte.

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