Erstattungsbeträge

Stackelberg will schärferes AMNOG

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Berlin -

Die Klagen der Pharmaindustrie über das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) sind aus Sicht der Krankenkassen unberechtigt: Im europäischen Vergleich würden neue Medikamente in Deutschland schnell und umfassend vergütet. Um die Kosten für Hochpreiser zu begrenzen, fordert der GKV-Spitzenverband die frühe Nutzenbewertung zu verschärfen.

GKV-Vize Johann-Magnus von Stackelberg will eine rückwirkende Preisbindung für neue Arzneimittel: Künftig sollte der Erstattungsbetrag rückwirkend gelten, spätestens ab dem siebten Monat nach Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Auch bei der Zulassung eines Bestandsmarktarzneimittels für ein neues Anwendungsgebiet sei eine Nutzenbewertung durchzuführen. Die Erstattungspflicht für ein Arzneimittel müsse vom Zusatznutzen abhängig gemacht werden. „Wir sollten aus Europa lernen“, sagte Stackelberg. Die Politik forderte er auf, der GKV die nötigen Spielräume zum Handeln zu geben.

„Auch in Deutschland sollte zukünftig die Erstattungsfähigkeit in einzelnen Patientengruppen vom festgestellten Zusatznutzen abhängen“, sagte Stackelberg bei der Vorstellung einer europäischen Vergleichsstudie. Autor Professor Dr. Reinhard Busse von der Technischen Universität (TU) Berlin zufolge werden nirgendwo sonst neue Arzneimittel so schnell und umfassend von den Kassen erstattet. 95 Prozent aller neu zugelassenen Mittel waren laut Busse weniger als drei Monate nach der Zulassung im Leistungskatalog der GKV. Nur Schweden und Großbritannien erreichten ähnlich hohe Werte.

Auch nach dem AMNOG sei die Verzögerung zwischen Marktzulassung und tatsächlich öffentlich finanzierter Nutzung neuer Präparate „sehr gering“, so Busse. Dabei seien „praktisch alle“ Medikamente für alle Indikationen erstattungsfähig, während dies in den meisten anderen Ländern für bestimmte Indikationen und auf einige Patientengruppen beschränkt sei – extrem stark etwa in England. Die Erstattung in Deutschland sei „sehr großzügig“. Busse hatte die deutschen Daten mit denen in 15 anderen europäischen Ländern verglichen.

Laut von Stackelberg zeigt die Studie, dass die Versorgung mit Arzneimitteln in Deutschland gut ist. Gleiches gelte für die Bedingungen der Pharmaunternehmen. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hatte vergangene Woche ein Gutachten vorgestellt, das eine Verschlechterung der Versorgung mit neuen Arzneimitteln feststellte und Nachbesserungen im Sinne der Industrie bei der frühen Nutzenbewertung forderte. Innovative Medikamente kämen trotz positiver Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bei zu wenigen Patienten an.

Laut Busse sind die Arzneimittelausgaben in Deutschland neben der großzügigen Kostenerstattung auch deshalb vergleichsweise hoch, weil die Preise überdurchschnittlich sind. „Wer Listenpreise für kleinste Patientengruppen im Ausland vor Preisverhandlungen mit den tatsächlichen Erstattungspreisen in Deutschland nach den Verhandlungen vergleicht, setzt Äpfel mit Birnen gleich und ist zumindest an echter Transparenz nicht interessiert", sagt von Stackelberg zum Gutachten der Industrie. Im übrigen seien höhere Preise möglich, wenn innovative Medikamente bei weniger Patienten erstattet würden.

Busse empfiehlt der GKV eine gezielte Nutzensteuerung bei neuen Arzneimitteln, um deren Preis-Leistungs-Verhältnis zu verbessern. Die Preise für Medikamente sieht seine Studie in Deutschland im oberen Mittelfeld – Platz vier von 16. Vor allem hier sieht Busse Einsparpotenzial. Patientengruppen, für die neue Präparate keinen Zusatznutzen hätten, sollten von der Erstattungsfähigkeit ausgenommen werden. Innovationen sollten vor allem dort eingesetzt werden, wo der Nutzen am größten ist.

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