Westfalen-Lippe

Erschreckende Bilanz: 100 Schließungen in zwei Jahren

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Berlin -

Seit 15 Jahren sinkt die Zahl der Apotheken in Westfalen-Lippe, und der Trend zu verstärkten Schließungen ist nicht zu stoppen: Der Rückgang im Jahr 2018 von 1973 auf 1922 Apotheken (-51) war der stärkste in der 73-jährigen Geschichte der Kammer. „In diesem Jahr haben wir bereits 36 weitere Schließungen verbuchen müssen. Zusätzlich sind uns 13 Schließungen zum Jahresende angekündigt worden“, so Hauptgeschäftsführer Dr. Andreas Walter. „Das summiert sich auf die erschreckende Bilanz von 100 Apothekenschließungen binnen zwei Jahren.“

In einer entscheidenden Umbruchphase sieht Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening die bundesdeutsche Apothekenlandschaft: „So viele Chancen und Risiken zugleich gab es vermutlich nie zuvor für die wohnortnahe Apotheke“, konstatierte sie in ihrem Lagebericht zur Herbstsitzung der Kammerversammlung. „Bleiben wir daher wachsam und engagiert, und lassen Sie uns die Chancen für die Fortentwicklung unseres freien Heilberufes ergreifen“, lautet Overwienings Appell.

„Wir ringen weiterhin um die Gleichpreisigkeit von Arzneimitteln für deutsche Vor-Ort-Apotheken wie für ausländische Versender und stehen zugleich kurz vor der Etablierung neuer honorierter pharmazeutischer Dienstleistungen. Wir treiben digitale Projekte wie das E-Rezept und den elektronischen Heilberufsausweis voran und erleben zugleich bedingt durch die Lieferengpässe eine Mangelverwaltung sondergleichen sowie den stärksten Apothekenrückgang seit fast einem halben Jahrhundert“, so die Standortbestimmung der Kammerpräsidentin vor den 97 Delegierten des westfälisch-lippischen Apothekerparlamentes.

Bei all diesen Herausforderungen gelte es für die Apothekerschaft, kühlen Kopf zu bewahren und sich auf ihre Stärken zu besinnen: „Wir sind besonders nah am Patienten, und wir gehören bereits zu den Gesundheitsberufen mit der besten IT-Ausstattung. Daher sind wir für die anstehenden Veränderungsprozesse bestens gerüstet – sofern diese in einem gesundheitspolitisch verlässlichen Rahmen erfolgen können.“ Overwiening mahnte daher erneut bei der Großen Koalition an, endlich das lange angekündigte Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) auf den Weg zu bringen: „Es wird dringend Zeit, dass auch wir Apotheker Jens Spahn nicht nur als Ankündigungs-, sondern als Umsetzungsminister erleben.“ Das von Spahn angekündigte Boni-Verbot müsse ebenso wie das Makelverbot für E-Rezepte und die gesetzgeberische Grundlage für die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen im Bundestag beraten und verabschiedet werden.

Overwiening erinnert daran, dass seit dem EuGH-Urteil vom Oktober 2016 bereits mehr als drei Jahre vergangenen seien, seit Verabschiedung des Koalitionsvertrages – in dem explizit die Stärkung der Apotheken und das von Spahn allerdings stets abgelehnte Versandhandelsverbot festgeschrieben sei – nunmehr fast zwei Jahre: „Für die 100 Apotheken allein in Westfalen-Lippe, die in den letzten zwei Jahren aufgeben mussten, kommt das Apothekenstärkungsgesetz bereits zu spät. Uns allen stellt sich die Frage, wann die Große Koalition endlich zu Arbeitsergebnissen kommt“, kritisierte Overwiening das Aussitzen von Entscheidungen.

Sehr deutliche Worte fand die Kammerpräsidentin Richtung Versandhandel: „Wenn sich ausländische Versandapotheken jetzt auch noch als Treiber der Digitalisierung im Gesundheitswesen gerieren, ist das eine peinliche Luftnummer. Was ist denn daran digital und was ist daran pharmazeutisch, wenn ich ein Arzneimittel in den Niederlanden in ein Päckchen stecke und es dann zwei oder drei Tage später der Paketbote mir oder dem Nachbarn vor die Haustür legt?“

Auch zum in den Medien groß angekündigten Modellvorhaben zum E-Rezept zwischen dem Versandhändler DocMorris und dem Deutschen Hausärzteverband nahm die Kammerpräsidentin Stellung: „Wir sind gespannt, ob dieses Projekt die Einführung des E-Rezeptes weiter voranbringt oder sich nicht eher als PR-Aktion entpuppt“, so Overwiening: „Dass uns die Hausärzte in Westfalen-Lippe jetzt davon berichten, dass mit insgesamt fünf Arztpraxen und zwei Patienten je Praxis getestet werden soll, lässt eher den letzteren Schluss zu.“

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