AOK-Vertrag

Apotheker klagen gegen Lieferausschluss

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Berlin -

Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) will nun auch rechtlich gegen die AOK Rheinland/Hamburg vorgehen. Streitpunkt ist – wie in Hamburg – die Versorgung mit Standard- und Spezialnahrung. Die Kasse habe den bestehenden Arzneimittelliefervertrag nicht gekündigt, moniert der Verband. Trotzdem werde Patienten mitgeteilt, dass Apotheken nicht mehr versorgungsberechtigt seien, und Anträge auf Kostenerstattung würden abgelehnt.

Die Versorgung von Patienten mit Ernährungslösungen ist im Arzneimittelliefervertrag geregelt. Trotzdem lehnt die AOK laut AVWL eine Versorgung zu den Konditionen des Vertrags ab. „Die AOK Rheinland/Hamburg bleibt bei ihrer unhaltbaren Rechtsauffassung, wonach die seit vielen Jahren problemlos praktizierten Bestimmungen des geltenden und ungekündigten Arzneimittelliefervertrags nichtig seien und verweigert die Genehmigung der Versorgung“, so AVWL-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schwintek. „Das hat nichts mit Vertragspartnerschaft zu tun – Vertragstreue wäre da das Mindeste.“

Der Verband will die AOK nun mit einer einstweiligen Anordnung des zuständigen Sozialgerichts dazu verpflichten, die Genehmigungsanträge aus den Apotheken zu bewilligen und zu den vereinbarten Konditionen abzurechnen. So könnten die Apotheken sofort wieder liefern und würden nicht Gefahr laufen, wirtschaftliche Nachteile er erleiden. Der AVWL hat auch das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium als zuständige Landesversicherungsaufsicht eingeschaltet und um Einschreiten gebeten.

Schließlich ignoriere die AOK Rheinland/Hamburg nicht zum ersten Mal bestehende Verträge und geltendes Recht, um den Apotheken neue Vertragsbedingungen zu diktieren, so der für Vertragsfragen zuständige stellvertretende AVWL-Vorsitzende Thomas Rochell. 2014 hatte die Kasse zu verhindern versucht, dass der Verband dem alten Hilfsmittelvertrag der AOK Hamburg beitritt, und war am Sozialgericht Gelsenkirchen gescheitert. Inzwischen gibt es einen neuen Vertrag, der sich weitgehend an der Hamburger Vereinbarung orientiert.

Ein Sprecher der AOK Rheinland/Hamburg erklärt, dass zum April ein neuer Hilfsmittelliefervertrag zur Versorgung mit Standard- und Spezialnahrungsangeboten geschlossen wurde. Dieser gelte für alle Leistungserbringer, die ihm beitreten. „Insofern werden Apotheken in keiner Weise ausgeschlossen“, so der Sprecher.

„Der neue Vertrag sieht in der Tat eine niedrigere Vergütung vor“, räumt er ein. „Natürlich können wir verstehen, dass auf der anderen Seite jemand, der bisher einen hohen Preis erzielen konnte, nun enttäuscht ist, weil er möglicherweise durch einen anderen unterboten wurde.“ Aber es gehe um die Gelder der Versicherten, die man verantwortungsvoll und wirtschaftlich einzusetzen habe. Anders als der AVWL sei der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) dem neuen Vertrag übrigens beigetreten, genauso wie mehrere Apotheken in Hamburg.

Er betont, dass eine reibungslose und qualitativ hochwertige Versorgung der Versicherten nach wie vor uneingeschränkt sichergestellt sei. „Was sich ändert, ist lediglich der Lieferant.“ Mit einem persönlichen Schreiben sei jeder Versicherte über den aktuellen Sachverhalt informiert worden. „Dieses Verfahren verläuft absolut reibungslos, ohne Zwischenfälle oder Beschwerden seitens der Versicherten, und um die geht es hier in erster Linie.“

In Hamburg zahlt die AOK ebenfalls seit April nicht mehr für Spezial- und Sondennahrung. Die Versorgung der Patienten ist für Hamburger Apotheken ab sofort daher nur noch auf Grundlage deutlich gekürzter Honorierung möglich. Der dortige Apothekerverein hat dagegen Feststellungsklage eingereicht und empfiehlt den Apothekern der Hansestadt die Versorgung mit parenteralen Lösung „sofort einzustellen“.

Der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue, sieht im Vorgehen der AOK einen „eklatanten Vertragsbruch“. Der bestehende Primärkassenvertrag sei weder insgesamt noch zu dieser Versorgungsposition gekündigt worden. Die von der AOK aufgestellte Behauptung, der Vertrag sei hinsichtlich der Spezial- und Sondennahrung nichtig, sei ebenso haltlos. Vielmehr verhandele man seit vergangenem Dezember mit der AOK über eine Vertragsanpassung.

Als Konsequenz hat der Hamburger Apothekerverein einstweiligen Rechtsschutz in Form einer Feststellungsklage auf Fortbestehen des Vertrages beim Sozialgericht Hamburg eingereicht. Den Apothekern in der Hansestadt wurde empfohlen, die Versorgung von AOK-Versicherten mit Sepzial- und Sondennahrung sofort einzustellen. Es stehe den Apothekern aber natürlich auch frei, einen Genehmigungsantrag bei der AOK zu stellen.

Über Krankenkost streiten derzeit auch der Berliner Apothekerverein (BAV) und die BIG direkt: Die Kasse hat zu Ende März Teile des Arzneimittelliefervertrags gekündigt. Für Teststreifen sowie Krankenkost und Diätetika zur enteralen Ernährung gibt es seit April keine Preisvereinbarung mehr. Die Kasse bietet stattdessen Selektivverträge an, denen Apotheken beitreten können. Tun sie das nicht, sind sie aus Sicht der BIG direkt nicht mehr versorgungsberechtigt.

Der BAV sieht das anders. Auch ohne Beitritt zu einem Selektivvertrag seien Apotheken weiterhin lieferberechtigt, da der Liefervertrag weiterhin gelte. „Diesen Versorgungsauftrag werden die Apotheken auch erfüllen“, betont man beim Verband.

Allerdings herrsche mangels wirksamer Vereinbarungen Unklarheit über den abzurechnenden Preis. Preisverhandlungen finden derzeit noch nicht statt, da die Kasse auf den Einzelverträgen besteht. „Angesichts dessen gibt es aktuell keine Basis für konkrete Verhandlungen über eine Anpassung der einschlägigen Preisvereinbarungen im AVV Berlin“, so der Verband. Deshalb empfiehlt der BAV den Berliner Apotheken, „sicherheitshalber einen Kostenvoranschlag an die zuständige Krankenkasse zu richten“.

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