Zwar soll in zwei Jahren das E-Rezept bundesweit eingeführt werden. Trotzdem eröffnet am 1. November im vogtländischen Mühltroff die zweite digitale Rezeptsammelstelle in Sachsen. Der Grund: Die Löwen-Apotheke im Ort schließt, der Inhaber geht in Rente und ein Nachfolger fand sich nicht. Apothekerin Dorren Feustel von der acht Kilometer entfernten Pausaer Stadt-Apotheke konnte auf das E-Rezept nicht warten: „Wir brauchten sofort eine Lösung.“
Seit Anfang 2019 war klar, dass in der kleinen Gemeinde die Arzneimittelversorgung nicht mehr gesichert sein würde. „Anfang des Jahres kam Bürgermeister Ansorge auf mich zu“, so Feustel. Gemeinsam mit Ärztin Dr. Karin Enk und dem Bürgermeister wurde nach einer Lösung gesucht. Für den Erhalt der Apotheke in Mühltroff gab es keine Chance: „Der Standort wäre einfach nicht rentabel gewesen. Wir haben deshalb nach anderen Möglichkeiten gesucht“, so die Apothekerin. So kam man auf die Idee, im Dorf die zweite digitalen Rezeptsammelstelle in Sachsen einzurichten.
Am Freitag wird daher außen am Gebäude der Mühltroffer Arztpraxis in der Bahnhofstraße 9 ein sogenannter Rezeptbriefkasten angebracht, der 24 Stunden zugänglich ist. Der weiße Kasten erinnert an einen Geld- oder Parkautomaten. Gegen die Witterung ist er mit einem Vordach geschützt und vom angrenzenden Parkplatz aus leicht zugänglich. „Es funktioniert ganz einfach und eignet sich auch für ältere Leute“, sagt Feustel. Man legt sein Rezept auf den Einzug, sodass es digital erfasst werden kann. Man müsse keinerlei Daten per Hand eingeben, auf dem kleinen Display erscheint lediglich der Schriftzug, dass die Daten digital weitergeleitet werden. Sie werden an die Apotheke in Pausa übermittelt. Die Rezepte landen nach dem Scannen im Kasten. Er wird von der Apotheke regelmäßig geleert.
Entschieden hat sich Feustel für die digitale Rezeptbox von ARZ Darmstadt. Das Konkurrenzprodukt von Noventi hätte in einen 24 Stunden zugänglichen Innenraum installiert werden müssen: „So etwas hatten wir hier nicht“, so die Apothekerin. Von ARZ Darmstadt hat sie die Box zunächst für drei Jahre geleast. Dann will sie weitersehen. Die Konkurrenz durch das neue E-Rezept fürchtet Feustel nicht: „Das wird ein längerer Übergangsprozess.“ Und außerdem rechnet sie damit, dass die überwiegend älteren Patienten auch weiterhin das Papierrezept nutzen werden.
„Das Rezept kann sofort von uns bearbeitet werden“, begründete die Apothekerin den Vorteil der digitalen Rezeptbox gegenüber einem herkömmlichen Briefkasten. Die Arzneimittel werden anschließend von der Pausaer Apotheke kostenfrei ausgeliefert. „Wenn bis Mittag um 12 Uhr eingescannt wird, bringen wir die Medikamente, wenn sie verfügbar sind, am selben Tag von 15 bis 18 Uhr zu den Leuten“, so Feustel. Ansonsten in der Regel am nächsten Tag.
Der Lieferservice von Medikamenten wird von Montag bis Freitag angeboten. „Wir hatten bisher auch schon die Leute auf Wunsch beliefert, jetzt wird das Gebiet nur größer“, sagt Feustel. Auch nicht rezeptpflichtige Medikamente werden geliefert.
„Wir haben den Botendienst schon immer als Regelleistung gesehen“, so die Apothekerin mit Bezug auf die kürzlich vorgenommene Änderung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Für den Botendienst hält sich daher schon jetzt ein Fahrzeug bereit. Ob sie das Angebot ausweiten und mehr Personal einstellen wird, will Feustel erst mal abwarten.
APOTHEKE ADHOC Debatte