Trotz des nicht ausgeräumten Konfliktes beim Thema Grippeschutzimpfungen durch Apotheker wollen Ärzte in Zukunft stärker mit den Pharmazeuten zusammenzuarbeiten, um die medizinische Versorgung der Menschen vor Ort zu stärken. Das ist das zentrale Ergebnis eines Dialogs zwischen dem Hausärzteverband und Apothekerverband in Nordrhein. Einig waren sich Apotheker- und Ärztevertreter darin, dass bei der Einführung des E-Rezept ein technisches Makelverbot implementiert werden muss.
Die beiden Vorsitzenden des Hausärzteverbandes Nordrhein, Dr. Oliver Funken und Dr. Jens Wasserberg, haben auf Einladung des Apothekerverbandes (AVNR) an einer Klausurtagung in Meerbusch bei Düsseldorf teilgenommen. Dabei verwiesen beide auf Schnittstellen, bei denen man sich künftig stärker gemeinsam engagieren könne. Dazu zählen laut AVNR unter anderem die Bereiche E-Rezept, verbesserte Versorgung in der Pandemie, die wohnortnahe Arzneimittelversorgung auch im Kontext von Rabattverträgen sowie bei der Prävention. Zum Thema „Impfen in der Apotheke“ bekräftigte der Hausärzteverband seine ablehnende Haltung auch zum Modellprojekt.
„Wir freuen uns, dass der Hausärzteverband die heilberufliche Kooperation zwischen Apothekern und Hausärzten mit uns gemeinsam verbessern will“, so der AVNR-Vorsitzende Thomas Preis. Mit der Botschaft „Zwei starke Partner in der Vertretung gemeinsamer Interessen“, bringt es Funken auf den Punkt. In Anbetracht der großen Herausforderungen in der medizinischen Versorgung vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft sei dies ein wichtiges und auch positiv-konstruktives Signal in Richtung Patienten und Politik, sind sich Preis und Funken einig.
„Angesichts der demografischen Entwicklung auch in der Ärzteschaft stehen wir vor Herausforderungen, die wir nur in Kooperation mit anderen Heilberufen bewältigen können“, machte Funken im Rahmen des Dialogs deutlich: „Der gemeinsame Weg ist der bessere Weg.“ Ein besonderes Anliegen sei es, nach der Verordnung des Arzneimittels die Wege der Patienten zur nächsten Apotheke möglichst kurzzuhalten.
Beim Thema E-Rezept sprachen sich die Hausärztevertreter für die neutralste Lösung aus, so wie es die Apothekerschaft mit der DAV-WebApp entwickelt und auch der Politik vorgeschlagen habe. Das heiße insbesondere: Über ein auch technisch abgesichertes Makelverbot müsse sichergestellt werden, dass die Arzneimittelverordnung des Arztes auch bei einem E-Rezept nicht zum Spielball unkontrollierbarer Marktkräfte zu Lasten der Patienten werde.
Die Hausärzteschaft erwartet anfänglich vom E-Rezept keine generellen Verbesserungen für die akute Versorgung der Patienten und sorgt sich vielmehr um technische Schwierigkeiten bei einer überhasteten Einführung. Aus ärztlicher Sicht sind aktuell keine großen Vorteile auszumachen: „Alles, was neu ist, kann gut sein, wenn es in den Workflow der Praxis passt“, machte Funken deutlich.
Äußerst unzufrieden zeigten sich Funken und Wasserberg bezüglich der politischen Rahmenbedingungen bei der Pandemieversorgung. Das diese letztlich trotzdem so gut funktioniert habe, sei vor allem der Flexibilität und Kreativität der an der medizinischen Versorgung beteiligten Akteure vor Ort zu verdanken. Hier habe es von der Politik keine klaren Pläne gegeben und an einer Strategie gefehlt. Das müsse sich dringend ändern. Daher habe der Hausärzteverband auch eigene Pandemiepläne entwickelt und werde diese jetzt in die politische Diskussion einbringen. Im Vergleich zu den aktuellen Pandemieplänen habe man da auch explizit die öffentlichen Apotheken mitberücksichtigt, betonte Funken.
Die vereinfachten Abgaberegeln insbesondere bei Rabattverträgen in den Apotheken begrüßte der Hausärzteverband. „Eine weitere Belastung der Hausarztpraxen konnte vermieden werden“, betonten Funken und Wasserberg. Die bürokratische Entlastung von Apotheker und Arzt zum Vorteil der zu versorgenden Patienten wird von Apotheker- und Hausärzteverband unterstützt. „Die Regelungen sollten auch dringend über die Zeiten der Corona-Pandemie weiter aufrechterhalten bleiben“, betonten die Vorsitzenden der beiden Verbände.
Der Bereich Prävention bietet aus Sicht der Hausärzte viele Möglichkeiten für gemeinsame Angebote. So könnten gemeinsame Patientenschulungen stattfinden und Schnittstellen gemeinsamer Fortbildungen synchronisiert werden. „Im Rahmen des heilberuflichen Dialogs zwischen Hausärzten und uns Apothekern wurden auf unserer Klausurtagung viele wichtige Kooperationspotenziale identifiziert“, fasste Preis zusammen. Ein regelmäßiger Austausch in Arbeitsgruppen ist geplant und sogar ein gemeinsamer „Hausarzt-Apotheker-Tag“ wurde nicht ausgeschlossen.
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