Im Rahmen des in Baden-Württemberg bereits laufenden Modellprojekts „Docdirekt“ geht im November das E-Rezept „Gerda“ an den Start. Dann können Ärzte in der Pilotregion Stuttgart und Tuttlingen erstmals elektronische Verordnungen ausstellen. Ab Februar 2020 soll dies dann im gesamten südwestlichen Bundesland möglich sein. Getragen wird Gerda von der Landesapothekerkammer. Gerda dient auch als Modellprojekt für das E-Rezept der ABDA. Dessen Einführung ist ebenfalls für 2020 geplant. Ursprünglich war der „Rollout“ für Juni geplant.
Gebunden ist das Ausstellen des E-Rezepts an das Telemedizinangebot Docdirekt der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Dort können sich Patienten per Videochat oder Telefon an einen Arzt wenden. Seit Mitte April 2016 haben sich rund 4000 Nutzer per Anruf an Docdirekt gewandt. Die Patienten erhalten über einen elektronischen Schlüssel Zugriff auf das Rezept und können es an eine Apotheke ihrer Wahl senden.
Dass Gerda erst im November an den Start geht, ist laut Landesapothekerkammer der Einbindung in das Docdirekt-System geschuldet. „Gerda ist fertig“, sagte eine Sprecherin. Los gehen soll es mit dem „normalen“ Muster 16 Rezept. BtM-Verordnungen und Heil- und Hilfsmittel sollen schrittweise folgen.
Das Land fördert die E-Rezept-Entwicklung mit rund einer Million Euro. Sozialminister Manne Lucha (Grüne) lobte den „großen Nutzen des Projekts für die Bürger“. Baden-Württemberg gehe beim E-Rezept „bundesweit als Pionierland voran“, sagte er den Stuttgarter Regionalzeitungen. Auch der Präsident der Landesapothekerkammer, Günther Hanke, sagte, die Technologie habe „das Potenzial, Vorlage für eine bundeseinheitliche Lösung zu sein“. Fritz Becker, Vorsitzender des Landesapothekerverbands, betonte, dass der Patient alleiniger Herr seiner hochsensiblen Gesundheitsdaten bleibe.
Im Laufe des kommenden Jahres soll das E-Rezept auch bundesweit starten. Laut Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) müssen bis 30. Juni 2020 die technischen Vorgaben geschaffen sein, dass Ärzte Rezepte elektronisch an die Apotheke übermitteln können. Die Apotheken wiederum sollen laut sogenanntem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) bis zum 31.März 2020 an die Telematik-Infrastruktur (TI) angebunden sein. Die ABDA hält diesen Termin jedoch für nicht realistisch. Denn die Bereitstellung der dazu benötigten eHealth-Konnektoren seitens der Industrie wird laut ABDA frühestens im ersten Quartal 2020 erwartet.
Laut KV Baden-Württemberg gibt es nun Docdirekt sowohl von den teilnehmenden Ärzten als auch von den Patienten positive Rückmeldungen. Danach melden sich in der Online-Sprechstunde Patienten mit dem üblichen Krankheits- und Beschwerdebildern einer Hausarztpraxis. Es gab in den ersten Monaten circa 70 „Arztfälle“ pro Monat im Rahmen von Docdirekt. Das Altersspektrum der Patienten entspricht laut KV ebenfalls Durchschnitt. Als Tele-Ärzte sind laut KV erfahrene niedergelassene Haus- sowie Kinder- und Jugendärzte tätig. Sie stehen von Montag bis Freitag zwischen 9 und 19 Uhr für die Beratung der akut erkrankten Patienten zur Verfügung. Der Weg zu Docdirekt führt über die App, die im Google- oder App-Store zum Download bereitsteht. Ebenso ist eine Anmeldung über die Homepage möglich. Der Patient kann auch telefonisch unter der Rufnummer 0711-96589700 Kontakt mit dem Docdirekt-Center der KV aufnehmen. Eine speziell geschulte Medizinische Fachangestellte (MFA) erfasst Personalien, Krankheitssymptome und klärt die Dringlichkeit.
Der Tele-Arzt nimmt mit dem Patienten Kontakt auf und berät den Patienten online. Ist eine taggleiche persönliche Vorstellung des Patienten bei einem Arzt notwendig, vermittelt die Terminservicestelle der KV schnellstmöglich einen Termin bei einem niedergelassenen Haus- oder Facharzt. Docdirekt ist für gesetzlich krankenversicherte Patienten kostenfrei; die Krankenkassen übernehmen – wie bei jedem anderen Arztbesuch auch – das Honorar für den Arzt. Privatversicherte können hingegen den Service von Docdirekt nicht nutzen.
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