Vor zwei Wochen kündigten der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der Berliner Apothekerverein (BAV) an, ihr Berliner E-Rezept-Projekt auszuweiten. In Phase II soll es auf Brandenburg ausgeweitet und technisch erweitert werden. Nun gehen DAV und BAV auf Teilnehmerjagd: Auf der Website mein-apothekenportal.de können sich interessierte Apotheken für die Teilnahme registrieren lassen.
Das Registrierungsportal für das Pilotprojekt gehe nun den nächsten Schritt: Selbständige Apotheker in Berlin und Brandenburg können sich demnach dort mit ihren vollständigen Kontaktdaten und weiteren Angaben zu den Leistungen ihrer Apotheke registrieren und diese später auch selbst verwalten. Diese Informationen werden dann in der Patienten-App des DAV angezeigt und sollen den Patienten bei der Suche nach einer Apotheke helfen, die besondere Dienstleistungen oder bestimmte Fremdsprachen anbietet. „Mit www.mein-apothekenportal.de und der Patienten-App des DAV wird im Pilotprojekt eine Lösung entwickelt und erprobt, die perspektivisch – um zusätzliche Anwendungen, Angebote und Funktionen erweitert – allen Apotheken zur Verfügung gestellt werden kann“, so der DAV.
Eigentlich hatte der DAV lange gefordert, dass seine Webapp zur zentralen E-Rezept-Anwendung wird, bundesweit hätten mehr als 12.000 Apothekeninhaber auf dem Portal www.dav-app.de ihr Interesse gezeigt, die App zur Übertragung und Verwaltung von E-Rezepten zu unterstützen. Doch der DAV konnte damit beim Bundesgesundheitsministerium (BMG) nicht durchdringen. Stattdessen schrieb die Bundesregierung im Patientendatenschutzgesetz (PDSG) fest, dass es die Gematik sein soll, die eine bundeseinheitliche, wettbewerbsneutrale und kostenfreie E-Rezept-App mit Basisfunktionen entwickelt.
Der DAV sattelt deshalb jetzt um: Man richte den Fokus im Pilotprojekt nun verstärkt auf zusätzliche Service-Funktionen für Apotheken und Patienten. So soll neben einer Verfügbarkeitsanfrage für das verordnete Arzneimittel eine zusätzliche Dialogfunktion zwischen Patient und Apotheke zur Verfügung stehen. Dazu gehöre auch die Fernübertragung von E-Rezepten, die gerade zu Zeiten der Corona-Pandemie auch ohne direkten Kontakt zwischen Arzt und Patient in der Arztpraxis funktionieren müsse. Auch die Versorgung von Pflegebedürftigen in Pflegeeinrichtungen soll im Pilotprojekt erprobt werden.
Mit der jetzigen Ausweitung startet die Phase II des vom BMG geförderten Modellvorhabens für eine innovative und praktikable E-Rezept-Lösung in der Zukunftsregion Digitale Gesundheit (ZDG). In der seit Ende 2019 laufenden Phase I waren laut dem DAV-Vorsitzenden Fritz Becker bereits rund 100 E-Rezepte ausgestellt worden; hier waren Praxen, die die Software Quincy (Frey) nutzen, an Bord. Mit dem auf der Webapp basierenden Projekt hat der DAV laut Becker „eine Benchmark gesetzt, wie eine solche Anwendung aussehen und funktionieren kann“. Das Vorhaben liefere wichtige Erkenntnisse für die Erstellung der E-Rezept-App durch die Gematik.
Das Berliner Modellprojekt wird von einer zentralen Koordinierungsstelle im BMG betreut und von einem „Expertenbeirat“ fachlich begleitet. Ärzten werde danach bei der Erprobung digitaler Anwendungen, die zur Versorgung ihrer Patienten dienen, finanziell unter die Arme gegriffen, bevor die Apps und anderer Tests bundesweit eine Zulassung bekommen. 20 Millionen Euro stehen dafür bis Ende 2022 im Haushalt zur Verfügung.
Mit der Gematik-App sollen sich Patienten das E-Rezept direkt auf dem Smartphone anzeigen lassen und in einer Apotheke ihrer Wahl einlösen können. Die App wird Teil der Telematikinfrastruktur und bietet auch Schnittstellen für andere Apps an. Alternativ kann der Versicherte einen 2D-Barcode auf Papier vorzeigen. Das Rezept wird auch in diesem Fall digital an die Apotheke übermittelt.
Größtes Sorgenkind der Abda ist dabei die Umsetzung des im PDSG festgeschriebenen Makelverbots. Bei der Verbändeanhörung im Gesundheitsausschuss zum PDSG warnte Abda-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz davor, dass mit der Einführung des E-Rezepts der gesamte Prozess „leichter angreifbar“ werde. Entsprechende Geschäftsmodelle seien von Marktteilnehmern bereits angekündigt. Eine technische Makelbremse sei daher eine „unverzichtbare Regelung“, forderte Schmitz.
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