E-Rezept: DAV-App kostet eine Million Euro APOTHEKE ADHOC, 14.11.2019 14:56 Uhr
Eine Million Euro investiert die ABDA in die Entwicklung der WebApp für das elektronische Rezept. Im kommenden Jahr sollen die Mitgliedsorganisationen dafür 400.000 Euro zur Verfügung stellen. Das geht aus dem Haushaltsentwurf des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) für 2020 hervor. Außerdem: In aller Stille hat der Deutsche Apothekerverband (DAV) in Berlin das erste E-Rezept im Rahmen seines dortigen Pilotprojekts digital in eine Apotheke übermittelt. Ursprünglich war einmal eine öffentliche Präsentation in Anwesenheit von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angedacht.
Die Apothekerschaft habe sich zum Ziel gesetzt, eine diskriminierungsfreie und universell einsetzbare Lösung für den Transport des E-Rezeptes zu schaffen, mit der Patienten frei von Kosten oder Beeinflussung jede Apotheke ihrer Wahl ansteuern könnten, teilte der DAV stattdessen jetzt schriftlich mit. Auf dem Weg zu diesem Ziel seien zwei weitere Meilensteine erreicht: „Die Vertragsgrundlage für eine Gesellschaft des DAV, die das Projekt gemeinwohlorientiert trägt, ist unterzeichnet. Und die WebApp des DAV zum Transport des Rezeptes ist zum Auftakt eines Pilotprojektes in Berlin vergangene Woche erstmalig erfolgreich eingesetzt worden.“
Für DAV-Chef Fritz Becker ist das ein wichtiger Schritt nach vorn: „Patienten brauchen in Zukunft eine einheitliche und praktische Lösung zum Handling des E-Rezeptes. Die DAV-WebApp ist diese Lösung. Über 12.000 Apotheken haben sich bereits dafür registriert. Und in Berlin haben wir am Freitag im ersten Praxistest den Beweis geführt, dass die Anwendung funktioniert und einsatzreif ist.“ Mit einem Vertragsschluss zwischen DAV und den 17 Landesapothekerverbänden habe der DAV jetzt auch eine „solide organisatorische Basis“. Becker: „Sie unterstreicht, dass wir eine gemeinschaftliche Lösung umsetzen. Anders als bei anderen E-Rezept-Initiativen sind auch keine kommerziellen Interessen am Werk, Patienten werden nicht gesteuert.“
Abgeschlossen wurde laut Mitteilung ein Treuhandvertrag, bei dem der DAV als Treuhänder und die 17 Landesapothekerverbände als Treugeber fungieren. Die Treuhandkonstruktion werde eine Gesellschaft tragen und finanzieren, die den Betrieb der DAV-WebApp und der dafür notwendigen Infrastruktur dauerhaft sicherstellt. Eine gemeinnützige GmbH (gGmbH) etwa ist im deutschen Steuerrecht eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Erträge für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.
Über die WebApp des DAV sei im Rahmen eines vom Berliner Apotheker-Verein (BAV) durchgeführten Pilotprojektes am Freitag zum ersten Mal ein E-Rezept von einer Arztpraxis über das mobile Endgerät eines Patienten an eine Apotheke übermittelt worden. Dieses Pilotprojekt wird durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gefördert. Der Teilnehmerkreis werde aktuell kontinuierlich erweitert. Spätestens bis zum Jahresende werden laut DAV bis zu 40 Apotheken und bis zu 15 Arztpraxen in Berlin, die natürlich auch mit ihren jeweiligen spezifischen Warenwirtschafts- beziehungsweise Praxisverwaltungssystemen weiterarbeiten können, technisch in der Lage sein, E-Rezepte zu verarbeiten. Zum weiteren Fortgang des Projektes sagt Becker: „Es geht jetzt um zwei Dinge: Wir wollen möglichst schnell Praxiserfahrung im Projekt sammeln. Und wir werden die Minderheit an Apotheken, die sich noch nicht für die DAV-WebApp registriert haben, ebenfalls an Bord holen, damit wir eine komplett flächendeckende bundesweite Lösung bekommen.“
Das Berliner E-Rezept-Pilotprojekt läuft auf Gerda-Basis über das Berliner Apothekenrechenzentrum. Bei Noventi ist man daher nicht gut auf die Berliner Apotheker zu sprechen. Die Vorwürfe sind hart: BAV und DAV hätten das Berliner E-Rezept auf Grundlage von Noventi-Technologie aufgebaut, Noventi daraufhin aber von der Durchführung ausgeschlossen. „Das Berliner Projekt baut komplett auf Gerda auf“, heißt es vom Softwareanbieter. So werde in Berlin zwar zwecks Verwendung der DAV-WebApp ein anderer Barcode verwendet als im Ländle – der Rest sei aber im Wesentlichen identisch. Noventi hatte nach eigenen Angaben eine maßgebliche Rolle bei der Konzipierung des E-Rezepts in Baden-Württemberg gespielt, unter anderem stellt der IT-Konzern den E-Rezept-Speicher, auf dem die digitalen Verordnungen abgelegt werden.
Über die NGDA ist Noventi auch an der Entstehung des derzeitigen Berliner E-Rezept-Projekts beteiligt gewesen – jener Noventi-Rezeptspeicher kommt auch in Berlin zum Einsatz. Dafür habe man sogar Konfigurationen am System vorgenommen. Dennoch: Für Apotheken, die Warenwirtschaftssysteme von Awinta benutzen, sei nach wie vor nicht klar, ob sie das Berliner E-Rezept empfangen und verarbeiten können. Auch die VSA als Rechenzentrum sei vom Projekt ausgeschlossen, stattdessen setzen BAV und DAV auf die Rezeptabrechnungsstelle Berliner Apotheker (RBA), die wiederum die technische Infrastruktur des ARZ Haan nutzt.