Ärztliche Verordnungen sollen ab 2022 grundsätzlich nur noch per E-Rezept erfolgen. Das sieht das Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor. Auf Wunsch der Abda ist darin enthalten ein umfassendes Makelverbot von E-Rezepten für alle Marktteilnehmer. Das geht dem Bundesrat zu weit. Der Gesundheitsausschuss fordert Ausnahmen davon, um den Versorgungsalltag gerecht zu werden. Ausnahmen soll es geben beispielsweise für Patienten ohne Smartphone und Medienkompetenz.
In seiner Stellungnahme zum PDSG fordern die Ländergesundheitsminister das Makelverbot zu ändern, „da der Gesetzentwurf dem Versorgungsalltag in Bezug auf elektronische Verordnungen nicht gerecht wird“. Es fehle die Definition gesetzlicher, an der Versorgungsrealität orientierter Ausnahmesituationen, in denen gestattet sei, ein Rezept direkt an eine Apotheke zu übermitteln. Als Beispiel nennt der Gesundheitsausschuss die Zytostatikaversorgung.
Gerade die flächendeckende Einführung der Telemedizin und der vermehrte Rückgriff auf telefonische Behandlungen und Konsultationen würden weitere Situationen schaffen, in denen E-Rezepte direkt an Apotheken versandt werden sollten, zum Beispiel weil Versicherte nicht in der Lage sind, E-Rezepte zu empfangen oder nicht in die Arztpraxis oder Apotheke kommen könnten. „Für solche Situationen bedarf es zukünftig gesetzlich definierter Ausnahmetatbestände und der engmaschigen Kontrolle des Zuweisungsverhaltens. Nur so kann das aktuell stattfindende Makeln von Rezepten unter anderem per Fax zukünftig vermieden beziehungsweise zumindest transparent abgebildet werden“, so der Gesundheitsausschuss in seiner Stellungnahme.
Habe ein Versicherter kein Smartphone oder fehle ihm die „Medienkompetenz zur Nutzung“ und könne er weder den Arzt noch eine Apotheke aufsuchen, ermögliche eine im Vorfeld hinterlegte Erklärung spezifische Rechteverwaltung es dem Arzt, das E-Rezept direkt und rechtskonform an die gewünschte Apotheke zu übermitteln, welche die Medikamente dann ausliefern könnte.
Um die Ausnahmesituation bei der direkten Übermittlung von E-Rezepten zu dokumentieren, sei sicherzustellen, dass die vorherige Zustimmung zum Verfahren durch die Versicherten oder deren Vertreter vorliege. Versicherte oder die jeweiligen gesetzlichen Vertreter könnten dem Arzt eine schriftliche Einwilligung, in Ausnahmesituationen Rezepte zu übermitteln, erteilen. Diese wird dann in der Arztpraxis hinterlegt. Oder sie können eine Stammapotheke benennen, an welche sämtliche Rezepte übermittelt werden sollen.
Das Zuweisungsverhalten bei elektronischen Rezepten müsse statistisch auswertbar sein, fordern die Ländergesundheitsminister. Bei Auffälligkeiten könne dieses überprüft werden und ein Widerruf der schriftlichen Einwilligung wäre jederzeit möglich: „Ziel muss es sein, an einem grundsätzlichen Makelverbot festzuhalten, gleichzeitig jedoch Ausnahmesituationen zu definieren, um den Versorgungsalltag vollumfänglich abdecken zu können.“ Die Länder schlagen vor, dass der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) diese definiert.
„Eine reine Übertragung des Papierrezeptes in ein elektronisches Rezept ist zu kurz gedacht und bedarf einer Umstrukturierung des Prozesses“, so die Länder. Dies würde dem Digitalisierungsgedanken nicht gerecht werden. Weiterhin führe die vorgeschlagene Ausnahmeregelung „zur vollständigen Transparenz, da zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar ist, wer wann welches Rezept verordnet hat und wo es eingelöst wurde“. Bereits heute fänden im Versorgungsalltag direkte Übermittlungen von Verordnungen statt. Der Umstieg auf das E-Rezept müsse gewährleisten, dass dieses Verfahren vollkommen transparent und nachvollziehbar werde.
Das PDSG ist allerdings nicht zustimmungspflichtig. Der Bundestag kann die Empfehlungen des Gesundheitsausschusses der Länder berücksichtigen, er kann sich aber auch darüber hinwegsetzen. Das werden die weiteren Beratungen im Bundestag zeigen.
APOTHEKE ADHOC Debatte