Entlassmanagement

BGH: Versorgung sticht Zuweisungsverbot Alexander Müller, 06.08.2014 15:00 Uhr

Medikamente als Klinikbett: Aus Sicht des BGH sind Rezept-Zuweisungen beim Entlassmanagement zulässig. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Rezept-Zuweisungen aus dem Krankenhaus sind erlaubt, wenn damit das Entlassmanagement des Patienten verbessert wird. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) im März entschieden und damit eine Kooperation zwischen dem Unternehmen Patientenring am Universitätsklinikum Freiburg mit Apotheken bestätigt. In der jetzt vorliegenden Begründung erklären die Karlsruher Richter, warum es sich dabei aus ihrer Sicht nicht um eine unzulässige Absprache handelt.

Am Patientenring sind neben der Uniklinik noch drei Sanitätshäuser beteiligt. Das Unternehmen informiert Patienten der Klinik vor ihrer Entlassung über die weitere Behandlung mit Arzneimitteln. Die Rezepte können dabei direkt an eine von drei Kooperationsapotheken gefaxt werden. Diese liefert dann die Medikamente ans Krankenbett, der Patient übergibt dem Boten das Rezept.

Ein Freiburger Apotheker hatte seinen Kollegen wegen der Beteiligung an dem Modell verklagt. Das Landgericht Freiburg (LG) erklärte das Konstrukt 2012 für rechtmäßig, im Juni 2013 hob das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) das Urteil auf und verbot das Konstrukt. Der BGH hat der Revision stattgegeben und das Urteil des LG wieder hergestellt.

Aus Sicht des BGH sticht das im Sozialgesetzbuch verankerte Versorgungsmanagement das Zuweisungsverbot aus dem Apothekengesetz aus. Der Patient habe einen Anspruch darauf, dass Probleme beim Übergang zwischen verschiedenen Versorgungsbereichen – wie hier bei der Entlassung aus einem Krankenhaus – gelöst werden. Die Leistungserbringer müssten mit Unterstützung der Krankenkassen zusammenarbeiten und Informationen austauschen – die Zustimmung des Patienten vorausgesetzt.

Ein reibungslos funktionierendes Entlassmanagement sei geeignet, Gesundheitsgefahren abzuwehren, da etwa die benötigten Arzneimittel sonst nicht unmittelbar zur Verfügung stünden, so der BGH in seiner Begründung.

Diesem Ziel komme ein wesentlich größeres Gewicht zu als der Durchsetzung des Zuweisungsverbots. Dessen Zweck ist laut BGH, eine unsachgemäße Beeinflussung des Arztes zu verhindern und die Wahlfreiheit des Patienten nicht zu beschränken. Diese Bestimmung werde im Fall des Patientenrings „nicht nennenswert beeinträchtigt“, so die Karlsruher Richter.

Das Entlassmanagement ist laut BGH eine Spezialregelung zum Versorgungsmanagement, das der Gesetzgeber im Jahr 2013 als Anspruch des Patienten begründet hatte. Demnach solle ein reibungsloser Übergang zwischen Akutversorgung, Rehabilitation und Pflege durch Zusammenarbeit der Beteiligten ermöglicht werden.

Dass es im Apothekengesetz keine entsprechende Ausnahme für das Zuweisungsverbot gibt, ist aus Sicht des BGH unerheblich. Die neuere und speziellere Regelung des Entlassmanagements im Sozialgesetzbuch habe an dieser Stelle Vorrang, so die Karlsruher Richter.

Da sich die Patienten im Streitfall einverstanden erklären, dass die benötigten Arzneimittel von einer Kooperationsapotheke geliefert werden, sei die Grenze eines zulässigen Entlassmanagements nicht überschritten. Entscheidend war aus Sicht des BGH offenbar, dass die Patienten auch eine andere Apotheke beauftragen können.