Hausarztpraxen bekommen bessere Bedingungen, die die Vor-Ort-Versorgung für Patientinnen und Patienten stärker absichern sollen. Der Bundesrat ließ das noch auf den letzten Metern vom Bundestag beschlossene Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) passieren, das dafür finanzielle Anreize und Vereinfachungen festlegt.
„Dieses Gesetz wird die ambulante Versorgung grundlegend verbessern“, so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Leicht chronisch Kranke müssten nun seltener in die Praxen einbestellt werden, und es werde insbesondere für gesetzlich Versicherte deutlich einfacher, einen Termin beim Hausarzt zu bekommen. „Und Hausärzte können ihre Lotsenfunktion besser und mit weniger Bürokratie wahrnehmen. Das senkt die Kosten, überflüssige Facharzttermine fallen weg“, erklärt er.
Großes Ziel des Gesetztes ist, angesichts von bundesweit 5000 unbesetzten Hausarztsitzen den Beruf attraktiver zu machen und das Praxisnetz zu erhalten – vor allem auf dem Land und in ärmeren Vierteln von Großstädten. Dazu hatten sich SPD und Grüne mit ihrem früheren Ampel-Partner FDP noch auf wichtige Punkte eines Gesetzes verständigt, das nach dem Koalitionsbruch zu versanden drohte.
Für Hausärzte fallen – wie schon bei Kinderärzten – sonst übliche Deckelungen der Vergütung weg. Das heißt, dass sie Mehrarbeit sicher honoriert bekommen, auch wenn das Budget ausgeschöpft ist. „Jede Leistung wird bezahlt“, lautet das Motto. Das soll es für Hausärzte attraktiver machen, mehr Patienten anzunehmen. Die Kassen schätzen die jährlichen Mehrkosten auf 400 Millionen Euro, bezweifeln aber konkrete Verbesserungen der Versorgung.
Praxen erhalten künftig eine „Versorgungspauschale“ für Patienten mit leichten chronischen Erkrankungen und wenig Betreuungsbedarf. Das soll Einbestellungen in jedem Quartal nur aus Abrechnungsgründen vermeiden und größere Freiräume schaffen. Hausärzte können stattdessen eine bis zu ein Jahr umfassende Pauschale abrechnen.
Eine extra „Vorhaltepauschale“ können Praxen bekommen, die bestimmte Kriterien erfüllen – zu Haus- und Pflegeheimbesuchen oder „bedarfsgerechten“ Sprechzeiten etwa abends.
Die Erstattungsfähigkeit sonstiger Produkte zur Wundbehandlung wird bis Dezember diesen Jahres verlängert. Damit soll Rechtssicherheit im Zusammenhang mit einer ausgelaufenen Übergangsregelung geschaffen und den betroffenen Akteurinnen und Akteuren mehr Zeit für die Durchführung der Beratungsverfahren eingeräumt werden.
Das Gesetz regelt auch einige andere Punkte. Schon jetzt haben Frauen einen Anspruch auf eine Notfall-Verhütung mit einer „Pille danach“ auf Kassenkosten, wenn es Hinweise auf sexuellen Missbrauch oder eine Vergewaltigung gibt – allerdings bisher nur bis zum 22. Geburtstag. Diese Altersgrenze fällt jetzt weg.
In den Bundesrat eingebracht wurde zudem eine Initiative Niedersachsens. Eine Zwei-Klassen-Medizin sei für Millionen gesetzlich Versicherte frustrierende Realität, sagte Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD). Tag für Tag erlebten sie, dass Privatversicherte schnell Termine bekämen, während sie oft wochenlang warten müssten. Die neue Bundesregierung soll daher aufgefordert werden zu prüfen, wie ein „gleichberechtigter Zugang“ gesichert werden kann – etwa mit einer verpflichtenden Mindestquote oder finanziellen Anreizen für Termine für Kassenpatienten. Über den Vorstoß beraten nun die Bundesrats-Ausschüsse.