Das Bundeskabinett befasst sich am Mittwoch mit einer stärkeren Absicherung von Medikamentenlieferungen, um Engpässe bei wichtigen Präparaten zu vermeiden.
Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sehen dafür unter anderem neue Preisregeln vor, die Lieferungen nach Deutschland für Hersteller attraktiver machen sollen. Außerdem sollen europäische Produzenten generell stärker zum Zuge kommen und Bevorratungen als Sicherheitspuffer geregelt werden. Lieferengpässe gab es zuletzt vor allem bei Fiebersäften für Kinder sowie Antibiotika und Krebsmedikamenten.
Eigentlich sollte die Beschlussvorlage aus dem Bundesgesundhetsministerium (BMG) zum Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) schon in der vergangenen Woche im Kabinett besprochen werden. Doch innerhalb der Regierung gab es noch Beratungsbedarf.
Im zuletzt kursierenden Entwurf hatte das BMG geplant, die Abgabeerleichterungen zu verlängern, allerdings ohne Schutz vor Retaxationen für die Apotheken. Für den Aufwand sollen die Apotheken mit einer Prämie von 50 Cent entschädigt werden, auch für die Großhändler ist nun eine Vergütung für die Bewältigung der Engpässe vorgesehen. Durch die Zuschläge für die Apotheken und Großhandel entstehen den Kassen laut BMG geschätzte jährliche Mehrausgaben in Höhe von rund 10 Millionen Euro.
Entgegen Lauterbachs Aussage, die Lage habe sich deutlich entspannt, ist die tägliche Erfahrung vieler Apothekerinnen und Apotheker eine ganz andere, wie eine Befragung von aposcope zeigt: Knapp 94 Prozent sahen in den Lieferengpässen noch Mitte März die größte Herausforderung. Auch die anderen Ergebnisse lassen sich kaum mit den Aussagen des Bundesgesundheitsministers vereinbaren.
Nachdem aposcope bereits im Dezember erhoben hatte, welche Ausmaße die Engpässe haben, wurden jetzt erneut 301 Apotheker:innen und PTA befragt. In einigen Produktgruppen ist demnach zwar eine gewisse Verbesserung zu verzeichnen, die Lage ist trotzdem alles andere als entspannt: Vor allem bei den Antibiotika sieht es schlecht aus, aber auch viele andere Arzneimittel sind noch immer Mangelware.
Bei Fiebersaft und -zäpfchen für Kinder hatten im Dezember 98 Prozent eher große, große oder sehr große Beeinträchtigungen gesehen, aktuell sind es aber immer noch 84 Prozent. Die Lieferfähigkeit hat sich etwas verbessert, statt 5 Prozent im Dezember gaben nun 21 Prozent eine eher gute bis sehr gute Verfügbarkeit bei den Lieferanten an.
Die Lagerbestände haben sich ebenfalls verbessert, 36 Prozent sehen aktuell einen ausreichenden Lagerbestand in ihrer Apotheke, im Dezember waren es nur 4 Prozent gewesen. Trotzdem sind bei 13 Prozent gar keine Fiebersäfte oder Zäpfchen vorrätig, nach 57 Prozent kurz vor Weihnachten.
Bei Antibiotika sind die Beeinträchtigungen sogar gewachsen. Insgesamt sehen 97 Prozent hier Beeinträchtigungen, im Dezember waren es 95 Prozent. Als sehr groß werden die Beeinträchtigungen dabei von 61 Prozent wahrgenommen, nach 50 Prozent im Dezember. Die Lieferfähigkeit ist weiterhin schlecht (86 Prozent) und die Lager in den Apotheken sind erschöpft (80 Prozent).
Für andere Wirkstoffgruppen sind die Bedingungen zwar besser geworden, trotzdem berichtet in den meisten Fällen noch immer eine Mehrheit von Beeinträchtigungen bei Blutdruckmitteln (61 statt 75 Prozent), Omeprazol (48 statt 59 Prozent), Lipidsenker (77 statt 85 Prozent) und Elektrolyte (77 statt 90 Prozent). Die Lieferengpässe bei Hustenmitteln sind weiterhin besonders ausgeprägt, 83 Prozent berichten von Einschränkungen (Dezember: 81 Prozent), fast jede:r Vierte gibt sogar sehr große Beeinträchtigungen an.
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