Dass die Krankenkassen die Apotheken loben, kommt höchst selten vor. Angesichts der allgegenwärtigen Lieferengpässe hat sich die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, jetzt ein paar warme Worte abgerungen: „In der aktuellen Situation sind die Apotheken und ihre Kompetenzen gefordert“, sagte sie. „Wir vertrauen darauf, dass in dieser Notsituation das Fachpersonal den Patientinnen und Patienten mit Rat und Tat beiseite steht.“
Apotheken könnten etwa auch Fiebersäfte im Rahmen einer Rezeptur selbst anfertigen und bekämen dies bezahlt, so Pfeiffer weiter. Was sie nicht erwähnt: Die Apotheken müssen dafür laut Vereinbarung zwischen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), GKV-Spitzenverband, Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und Abda nicht nur ein neues Rezept anfordern, sondern auch die Nichtverfügbarkeit des Fertigarzneimittels dokumentieren. Und vor allem: Die Herstellung auf Vorrat ist nach wie vor nicht erlaubt – für die Defektur muss die „häufige ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung“ nachweisbar sein.
Kein Wunder, dass die Kassen derzeit recht kleinlaut sind. Denn selbst Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Preisdruck als Ursache für die Engpässe ausgemacht. So gaben in den vergangenen Tagen AOK, DAK sowie mehrere BKKen nahezu wortgleich zu Protokoll, dass sie auf Mehrkosten verzichten. Darüber, dass ihr nur um 18 Cent erhöhter Festbetrag die eigentliche Ursache für die Aufzahlung ist, sagten sie nichts.
Die Kassen wären aber nicht die Kassen, wenn sie ihre Charmeoffensive nicht gleich wieder einreißen würden. Apotheken und Großhandel seien aufgerufen, dringend benötigte Arzneimittel nicht zu horten, appellierte Pfeiffer ohne Angabe von weiteren Erläuterungen, wie sie zu dieser Annahme kommt.
Und statt dass die Kassen sich an die eigene Nase fassen, bekommen auch noch die Hersteller ihren Senf ab: „Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass kranke Kinder unter der aktuell mangelnden Lieferfähigkeit der Pharmaindustrie zu leiden haben.“
Transparenz über die Verfügbarkeit von Arzneimitteln müsse weiter erhöht werden, damit es nicht zu solch gravierenden Auswirkungen komme, wenn bestimmte Mittel nicht geliefert werden könnten. Nötig seien Meldepflichten für Unternehmen und zu Nichtverfügbarkeiten durch den Pharmagroßhandel und Apotheken. Auch die AOK hatte ihrem Mehrkostenverzicht einen Verweis auf ein entsprechendes Positionspapier aus dem Jahr 2018 hinzugefügt.
APOTHEKE ADHOC Debatte