BVDAK-Chef Dr. Stefan Hartmann fordert mehr Honorar für Apotheken als „zeitnahen finanziellen Ausgleich“ für den bürokratischen Mehraufwand und die Erlösausfälle, die ihnen durch die grassierenden Lieferengpässe bei Arzneimittel entstehen. Die bisherigen politischen Vorschläge zur Lösung der Lieferengpässe seien „halbherzig und praxisuntauglich“, so Hartmann. Für wirkliche Lösungsansätze stelle sich das Bundesgesundheitsministerium taub.
Hartmann wirft der Politik in der Engpass-Krise Versagen vor: Während die Zahl der nicht lieferbaren Arzneimittel „kaum vorstellbare Ausmaße“ erreiche, würden Politik und die GKV „noch immer prüfen, wie man dem Problem beikommen könne“. Für ihn sei dabei klar, wer die Verursacher des Problem seien: die Rabattverträge.
Die Einführung von inzwischen über 27.000 Rabattverträgen habe demnach in den letzten Jahren eine „fatale Kettenreaktion“ ausgelöst. Gewinner des „Preisdumping-Wettbewerbs“ seien die GKV. Während die noch jubeln würden zögen sich allerdings immer mehr Wettbewerber vom Markt zurück oder schreiben Verluste. Denn „immer neue Tiefpreise“ würden die Firmen zu weiteren Kostensenkungen zwingen und so zu einer Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer führen. Weil Generika hierzulande immer billiger werden, ginge ein Teil der Produktion in attraktivere ausländische Absatzmärkte.
Von Deutschland als Apotheke der Welt könne deshalb keine Rede mehr sein. „Es ist mittlerweile so, als ob es an der Tankstelle kein Benzin mehr gäbe“, so Hartmann, der den Schulterschluss zu Gehe-Chef Dr. Peter Schreiner sucht. Wenn dieser sich gegen politische Forderungen nach einer verpflichtenden Aufstockung der Reservehaltung wehrt, so könne diese Abwehrhaltung nur unterstützt werden, so Hartmann, zumal auch die Industrie den Großhandel nicht beliefern könne.
Die Bringschuld sieht Hartmann nun bei der Politik. „Die Gesundheitspolitik hat Apotheken und Patienten, indem sie die Ausschreibungspraxis bisher nicht unterbunden hat, in eine prekäre Lage gebracht“, beklagt er. „Wir sind, was die optimale Arzneimittelversorgung betrifft, ein Notstandsgebiet geworden“, pflichtet er Noweda-Chef Michael P. Kuck bei.
Dem Bundesgesundheitsministerium wirft er dabei vor, sich politischen Forderungen gegenüber taub zu stellen. Während die SPD zu keinem Zeitpunkt an die Modifizierung der Rabattverträge gedacht habe, sei von der CDU wenigstens die Forderung nach Streichung exklusiver Rabattverträge gekommen. Doch im Ministerium sei man laut Hartmann nicht auf diese Idee eingegangen. Meldepflichten von Engpässen bei Herstellern, Großhandel und Apotheken seien „nur Vorschläge zur Verwaltung der Misere“.
Gehe-Chef Schreiner hatte vergangene Woche Forderungen zurückgewiesen, wonach Großhändler verpflichtet werden sollen, ihre gesetzlich festgeschriebene Reserven von ausgewählten Arzneimitteln von aktuell zwei Wochen auf vier oder gar sechs Wochen aufzustocken. Eine solche Maßnahme wäre gegen Lieferengpässe nicht nur wirkungslos und würde zu millionenschweren Mehrkosten führen, sondern könne sogar kontraproduktiv sein und die Situation weiter verschärfen. Denn Großhändler könnten die Engpässe dann durch Hamsterkäufe sogar noch verschlimmern.
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