Der Großhandelsverband Phagro fordert eine deutliche finanzielle Unterstützung, um weiter erfolgreich gegen Lieferengpässe vorgehen zu können. Alleine die Aufstockung des Lagers von zwei auf vier Wochen kostet demnach einen Milliardenbetrag.
Eine Vertiefung der Lagerhaltung bedeute für den Großhandel, dass er mehr Kapital für Lager, Risiko und Reichweite aufwenden müsse, so der Phagro in seiner Stellungnahme zu einer Anhörung im Gesundheitsausschuss. Schon jetzt hielten die Unternehmen Arzneimittel im Wert mehr als 2 Milliarden Euro vorrätig. Werde die Vorratshaltung vom Bedarf für zwei auf vier Wochen erhöht, müssten mindestens weitere 2 Milliarden Euro aufgewendet werden. „Alleine die Zinseffekte hieraus sind höher als die derzeitigen Jahresgewinne aller Phagro-Mitgliedsunternehmen.“
Hinzu komme, dass die Infrastruktur des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels aufgrund der seit dem Jahr 2012 nicht mehr angepassten und nicht mehr ausreichenden Großhandelsvergütung staatlich unterfinanziert sei. „Zeitgleich sind die Aufwände des Großhandels lieferengpassbedingt enorm gestiegen. Da kurzfristig nicht mit einem Abnehmen von Lieferengpässen bei Arzneimitteln zu rechnen ist, darf eine ausreichende finanzielle Absicherung der noch bestehenden Infrastruktur als erste notwendige Maßnahme nicht aus dem Fokus geraten.“
Daher gehe es nicht nur darum, die Ursachen der Liefer- und Versorgungsengpässe zu bekämpfen, indem man die Hersteller unterstütze. Man müsse auch „die für ein bedarfsgerechtes Inverkehrbringen von Arzneimitteln notwendigen Aufwendungen aller an der Arzneimittelversorgung Beteiligten, das heißt von Industrie, Großhandel und Apotheken, adäquat gegenfinanzieren“.
Allerdings liefen Forderungen, den Bedarf von vier statt zwei Wochen zu bevorraten, ins Leere, wenn der Großhandel von Herstellern nicht oder nur in nicht bedarfsgerechten Mindermengen beliefert oder bewusst umgangen werde.
So hätten sich zwar die Beschaffungsmöglichkeiten und die Verfügbarkeiten der Arzneimittel der wirkstoff- und darreichungsbezogenen BfArM-Dringlichkeitsliste verbessert, aber man könne sich weiterhin bei bestimmten Antibiotika der Dringlichkeitsliste nicht ausreichend bevorraten. „So sind zum Beispiel die Verfügbarkeiten von Azithromycin, Clarithromycin und Erythomycin weiter rückläufig.“
„Da es teilweise objektiv unmöglich ist, diese Arzneimittel bedarfsgerecht bei der pharmazeutischen Industrie zu beschaffen, geschweige denn Lagerbestände aufzubauen, kann der vollversorgende pharmazeutische Großhandel seiner gesetzlichen Vorhaltungsverpflichtung [...] für diese Dringlichkeits-Arzneimittel und Kinder-Antibiotika nicht entsprechen“, so der Phagro unmissverständlich.
Der Import stelle „kein dem Großhandel grundsätzlich obliegendes Instrument der Regelversorgung zur Erfüllung des notwendigen Versorgungsumfanges“ dar, wiederholt der Phagro seine Position aus dem vergangenen Jahr. „Damit kann aus unserer Sicht keine nennenswerte Verbesserung der Versorgungssituation erreicht werden.“
Um im Falle von Versorgungsengpässen dennoch wenigstens Kleinstmengen als Import verfügbar machen zu können, bitte man seit langem um Unterstützung, „die bestehenden (haftungs-)rechtlichen und bürokratischen Hürden kurzfristig abzubauen und unter Berücksichtigung der aufwands-, kosten- und preisbezogenen Folgen eine effizientes Instrument der Umsetzung [...] unter Einbeziehung aller Beteiligten inklusive des Phagro zu schaffen. Die hierfür begonnenen Beratungen im BfArM haben bislang zu keinen beziehungsweise nur zu geringen greifbaren Lösungen geführt.“
Aus der Sicht des Phagro müssen schließlich alle Akteure der Lieferkette in die Meldung von Bestands- und Verfügbarkeitsdaten einbezogen werden, um eine letztlich valide Datenbasis zur Einschätzung der Versorgungslage zu schaffen.
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