Medizinpordukteverordnung

Engpässe: BVMed wappnet sich für Flop

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Berlin -

Die verpflichtende Umsetzung der europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) rückt näher und eine Lösung der gravierenden Probleme, die sie bereitet, ist noch nicht absehbar. Politik und Hersteller befürchten ab nächstem Jahr schwere Engpässe. Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) hat nun ein Online-Informationsportal ans Netz gebracht, um Herstellern Hilfestellung bei der Umsetzung der MDR zu leisten. Die Verantwortung, dass es nicht zu gravierenden Engpässen kommt, liege aber nach wie vor beim Gesetzgeber.

Dem Verband zufolge verlangt der Gesetzgeber mit der Verordnung etwas, was seine Mitgliedsunternehmen bisher schlicht nicht leisten können. „Neun Monate vor Geltungsbeginn fehlen den MedTech-Unternehmen noch immer die Voraussetzungen, die MDR umzusetzen“, BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. So mangele es nicht nur an den Benannten Stellen, ohne deren Zulassung Medizinprodukte künftig nicht mehr auf den Markt dürfen, sondern auch an notwendiger Rechtsklarheit. Auch die Eudamed funktioniere noch nicht, wie es müsste: In der europäischen Datenbank sollen künftig die wichtigsten Informationen gespeichert werden und für Firmen, Behörden und Öffentlichkeit einsehbar sein.

Stattdessen kommt der BVMed nun mit einem eigenen Informationsportal für seine Mitgliedsunternhmen um die Ecke. Auf diesem sollen unter anderem Flowcharts, Publikationen sowie Links zu relevanten Dokumenten, Leitlinien und Implementierungshilfen der Europäischen Kommission sowie Leitfäden verschiedener Organisationen zur Verfügung gestellt werden, um eine einheitliche Umsetzung im Kreise der Hersteller zu ermöglichen. „Es ist höchste Zeit zu handeln. Die MDR-Implementierung muss schneller und effizienter weren“, so Möll.

Um den Unternehmen dabei zu helfen, hat der BVMed im April eigens ein neues MDR-Referat aufgebaut, das von Dr. Christina Zimmer geleitet wird. Zimmer hatte zuvor in der Medizinprodukte-Überwachung in Liechtenstein gearbeitet. „Wir wollen insbesondere unseren kleinen und mittelständischen Unternehmen Unterstützung bei der Erfüllung der gestiegenen Anforderungen durch die MDR geben“, so Möll dazu. Die Hauptverantwortung sehe er aber nach wie vor bei der Politik: „Nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung und einem koordinierten Handeln der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments wird es möglich sein, das MDR-System rechtzeitig umzusetzen und Engpässe in der Patientenversorgung zu vermeiden. Der Gesetzgeber ist gefordert!“ Die Bundesregierung fordert bereits eine Anpassung der EU-Richtlinien, beispielsweise mit längeren Übergangsfristen.

Das neue Kennzeichnungs- und Kontrollsystem, das ab Mai 2020 schrittweise eingeführt wird, bereitet der Medizinproduktebranche derzeit großes Kopfzerbrechen, weil seine Regularien als noch nicht umsetzbar angesehen werden. Das liegt vor allem an den Benannten Stellen, deren Prüfung dann jedes Medizinprodukt durchlaufen muss: Bis jetzt wurden nämlich nur der TÜV Süd in München und das BSI-Institut in Großbritannien als Prüfstellen zugelassen – zwei Institute für 25.000 Unternehmen mit 600.000 Beschäftigten und 100 Milliarden Euro Jahresumsatz.

Und wenn es schlecht läuft, dann kann es angesichts eines Brexits ohne Austrittsvertrag dazu kommen, dass das britische BSI-Institut ab November wegfällt. Bis Jahresende soll die Zahl der Prüfstellen auf zehn steigen, bis Mai 2020 sollen es 20 sein. Laut laut Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ist aber auch das weit zu wenig, um einen reibungslosen Zertifizierungsprozess aller Produkte zu gewährleisten. Notwendig wären demnach mindestens 50.

Auf die Hersteller kommt aber auch mit dem System der eindeutigen Produkterkennung, der sogenannten Unique Device Identification (UDI), eine Herausforderung zu. Wie Securpharm bei Arzneimitteln soll sie Produktfälschungen bekämpfen und die Effektivität sicherheitsrelevanter Aktivitäten erhöhen. Die Produkte müssen dann zwar nicht ausgebucht werden wie bei Securpharm, trotzdem verkompliziere das neue System einige Prozesse, so der BAH. Die Hersteller schlagen Alarm, einige haben bereits angekündigt, wegen des gestiegenen Aufwands und der Unsicherheit bei der Zertifizierung, Produkte vom Markt zu nehmen. Laut TÜV Süd haben einige von ihnen ihre Produktpalette um bis zu einem Drittel verkleinert. Stoffliche Medizinprodukte, die man typischerweise in Apotheken findet – Lutschtabletten, Meersalz-Nasensprays, Heilerden, Produkte gegen Sodbrennen, Sättigungspräparate, Abführmittel oder Kopflaus-Präparate – werden von den neuen Regeln aber erst später betroffen sein: Sie müssen erst ab Mai 2023 einen Code tragen.

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