Laut einer aktuellen Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) gibt es keine Hinweise auf gravierende Lieferengpässe oder Versorgungsschwierigkeiten bei Arzneimitteln. Und wo sie doch vorkämen, seien entgegen der landläufigen Kritik nicht die Rabattverträge das Problem, sondern die mangelnde Transparenz, erklärt die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann.
„Wir alle erinnern uns noch an Herbst und Winter 2022, als Fiebersäfte für Kinder knapp wurden und punktuell auch andere gängige Medikamente von Lieferengpässen betroffen waren. Heute, im Herbst 2024, häufen sich wieder die Meldungen zu Lieferschwierigkeiten und Versorgungsengpässen.“
Zwar sei die Emotionalität bei diesem Thema teilweise verständlich, sie entspreche aber nicht der aktuellen Datenlage. Das WIdO habe in einer Auswertung der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Anfang Oktober angezeigten Lieferunfähigkeiten festgestellt, dass 98,8 Prozent aller Medikamente verfügbar seien. Für die verbleibenden Arzneimittel gebe es wirkstoffgleiche Alternativen. „Wir haben aktuell also eine extrem hohe Versorgungssicherheit von 99,9 Prozent“, erklärt Reimann.
Dann räumt sie aber plötzlich trotzdem Probleme ein: „Bedauerlich ist, dass in der Debatte von interessierter Seite immer wieder auf die Rabattverträge der Krankenkassen als Ursache von Lieferschwierigkeiten abgehoben wird“, so Reimann. Tatsächlich verhalte es sich genau andersherum: Ausschreibungen tragen laut der Analyse des WIdO sogar zu einer hohen Versorgungssicherheit bei, da sie die Hersteller zur Bevorratung verpflichten und Absatzmengen kalkulierbar machen. „Besonders absurd wird es bei den aktuellen Lieferschwierigkeiten von Kochsalzlösung: Hier gibt es ja nicht einmal Rabattverträge“, kritisiert Reimann.
Das Problem in Bezug auf die Engpässe liege vielmehr in einem Mangel an Transparenz: „Wir können heute ein Paket mit Socken oder Seifenblasen über den gesamten Versandweg tracken – haben aber keine verpflichtende Dokumentation zur Lieferfähigkeit von Herstellern und der Menge der vorgehaltenen Arzneimittel in Großhandel und Apotheken“, kritisiert Reimann. Hier bestehe dringender Regelungsbedarf, damit sich die Situation von tatsächlichen Engpässen in der Zukunft nicht wiederhole.
Schon 2021 hatten sich der AOK-Bundesverband dafür ausgesprochen, die Vorratshaltung von Großhandel und Apotheken transparent zu machen.
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