Beim Expopharm Medienpreis geht es in der Regel gemächlich zu. Preisträger, Laudatio, Preisträger, Laudatio. Doch in diesem Jahr kam es in Düsseldorf zum Eklat: Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) verließ die Veranstaltung, weil der Wort & Bild Verlag mit einem Sonderpreis für seine Kampagne „Danke, Apotheke!“ ausgezeichnet wurde.
Das Problem ist hausgemacht. Die Expopharm wird von der ABDA-Tochter Avoxa organisiert, die auch die Neue Apotheken Illustrierte (NAI) herausgibt. Im Vergleich zur Apotheken Umschau kommt das hauseigene Kundenmagazin äußerst schmächtig daher. Nichtsdestotrotz war bislang klar, dass die ABDA dieses Terrain besetzt.
Daran hat die AKWL seit gestern erhebliche Zweifel. „Als Kammer arbeiten wir seit Jahren daran, den eigenen Verlag zu stärken. Gewinne, die heute der Wort & Bild Verlag mit der Apotheken Umschau macht, könnte die ABDA gut gebrauchen – auch um die stetig steigenden Mitgliedsbeiträge abzufedern“, sagt Michael Schmitz, als Geschäftsführer bei der AKWL für den Bereich Medien/Kommunikation zuständig.
Als gestern Abend im Apollo-Theater ABDA-Präsident Friedemann Schmidt plötzlich zur Laudatio auf den „Partner“ aus Baierbrunn anhub, glaubten sich Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening und die mit ihr anwesenden Vertreter im falschen Film. „Es mag sein, dass die Kampagne ‘Danke Apotheke!’ der Branche geholfen hat. Am Ende war es aber eine Imagekampagne für den Verlag“, sagt Schmitz.
„Das ist so, also ob BMW seinem Konkurrenten Mercedes einen Preis verleiht“, findet auch AKWL-Hauptgeschäftsführer Dr. Andreas Walter. Overwiening selbst sagt, sie sei enttäuscht gewesen, dass vorab niemand informiert worden sei. Dass ausgerechnet der ABDA-Präsident die Laudatio gehalten habe, schlage dem Fass den Boden aus.
Schmidt hatte den Wort & Bild Verlag als einen jener Verbündeten bezeichnet, „die uns dort unterstützen, wo wir vielleicht nicht so gut sind, wie wir sein wollen“. Eine Bankrotterklärung, findet Schmitz: „Eine Standesvertretung, die so vorgeht, muss sich fragen lassen, welches Vertrauen sie noch in ihre eigenen Unternehmen hat.“
Er findet, dass auch der Expopharm Medienpreis mit der Aktion schlagartig an Attraktivität verloren hat. Das sei immerhin ein Journalisten- und kein Marketingpreis. „Das war ein Moment zum Fremdschämen.“ Aus Protest räumte die AKWL das Feld, zehn Besucher verließen die Veranstaltung.
Laut Schmitz war es nicht das erste Mal, dass die ABDA dem Wort & Bild Verlag eine Bühne eingeräumt hat. Beim letzten Pressesprechertreffen habe überraschend eine Diskussion mit Verlagschef Andreas Arntzen auf der Tagesordnung gestanden. Er hat die Vermutung, dass die NAI insgeheim bereits aufgegeben wurde – und fordert Antworten. „Wir wissen nicht, was die ABDA umtreibt.“
„Kontroverse Diskussionen sind ein Beleg für die Relevanz eines Themas. Insofern freut uns die Debatte“, sagt Arntzen. Schmidt habe zudem betont, dass es ein sensibles Thema sei und dass man zum ersten Mal einen Wettbewerber ausgezeichnet habe. Es sei aber eine hervorragende Leistung gewesen, die jedem geholfen habe. Arntzen: „Da gibt es nichts, was zusätzlich reininterpretiert werden könne.“
Eigentlich widerspreche der Beitrag des Wort & Bild Verlags allen Kriterien der Vergabe beim Medienpreis, sagte Schmidt. „Er ist nicht journalistisch, sondern eher werblich, nicht unabhängig, sondern parteiergreifend, nicht sachlich, sondern erreicht die Zuschauer auf einer emotionalen Ebene“, sagt der ADBA-Präsident. Der Preis werde an den Verlag verliehen, stellvertretend für alle, die die Apothekerschaft in den vergangenen schwierigen Monaten unterstützt hätten.
Der Spot hätte dazubeigetragen, die Argumente der ADBA bildhaft und damit verständlich zu machen. „Wir sagen dafür Danke“, so Schmidt. „Die Verleihung des Expopharm Medienpreises ist eine wunderbare Anerkennung“, bedankte sich Arntzen. „Wir hatten es letzten Herbst nach dem EuGH-Urteil sofort als oberste Priorität gesehen, etwas Nachhaltiges pro stationäre Apotheke zu tun. Es ist nicht der Stil unseres Hauses, in schwierigen Zeiten nur zuzuschauen“, so der Verlagschef.
Für herausragende Berichterstattungen über Apothekenthemen wurden außerdem vier Journalisten ausgezeichnet. Den Preis für den besten Beitrag in der Kategorie Apotheke und Politik wurde an Dr. Hellmuth Nordwig verliehen. In seinem Beitrag „Medikamente nicht lieferbar“ für das SWR2-Magazin Wissen thematisierte der Journalist Lieferengpässe von Arzneimitteln.
Dr. Michael Kläsgens Bericht „Die Angst vor dem Überlebenskampf“ in der Süddeutschen Zeitung zeigte das Dilemma des Apothekers Michael Weigand. Nach vielen Artikeln, die das EuGH-Urteil eher positiv bewerteten, ließ der Journalist als einer der ersten einen Apotheker zu Wort kommen. Weigand erzählte unter anderem von den wachsenden Existenzängsten der Apotheker nach dem überraschenden Urteil. Kläsgen gewann in der Kategorie Apotheke und Ökonomie. Der Apotheker nahm den Preis stellvertretend für den Journalisten entgegen.
In einem Arte-Magazin ließ Verena Ziegler in ihrem Beitrag „Risiko Nebenwirkung“ eine Apothekerin erklären, welche Nebenwirkungen – sowohl physische als auch psychische – die Antibabypille hat. „So soll aufklärender Journalismus sein“, sagte Laudator Christoph Klawun von der DKV Versicherung. Zieglers Beitrag wurde mit dem Medienpreis in der Kategorie „Apotheke und Verbraucher“ ausgezeichnet.
Der 45-minütige Beitrag „Was ist los mit unseren Kindern“ von Ulrike Michels, der unter anderem in der ARD ausgestrahlt wurde, beschäftigt sich mit Familien, deren Kinder von ADHS betroffen sind. Die Journalistin wurde mit dem Medienpreis in der Kategorie Pharmazie und Forschung geehrt. „Es war gar nicht so einfach Protagonisten für meinen Beitrag zu finden“, berichtete sie. Eltern hätten zwar hinter der Kamera viel von ihren Sorgen erzählt, vor die Kamera wollte jedoch zunächst keine Familie treten. „Eltern fürchten sich nach wie vor, stigmatisiert zu werden“, sagte sie. Michels appellierte an alle Beteiligten, vorsichtig mit der Gabe von Medikamenten bei Kindern, die etwas anders sind, zu sein.
Der Expopharm Medienpreis wurde im Düsseldorfer Apollo-Theater verliehen. Die Auszeichnung wird jährlich ausgeschrieben, in diesem Jahr bereits zum 13. Mal. Der Preis ist mit je 5000 Euro dotiert.
APOTHEKE ADHOC Debatte