Interview Softwarehäuser

„Eine Zertifizierung bekommt man nicht geschenkt“

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Berlin -

Mit ihrem Vorschlag zu einer verpflichtenden Zertifizierung der Apotheken-Software hat die ABDA die EDV-Anbieter kalt erwischt. Der Bundesverband Deutscher Apotheken-Softwarehäuser (ADAS)* hat für den Vorstoß wenig Verständnis. APOTHEKE ADHOC sprach mit ADAS-Chef Dr. Mathias Schindl über den Sinn einer Zertifizierung, die zu erwartenden Kosten und die Folgen für die Apotheken.

 

ADHOC: Wie bewerten Sie den Vorstoß der ABDA?

SCHINDL: Der ADAS hat keine Kenntnis darüber, warum die ABDA dies genau fordert. Das Argument einer Verbesserung der Arzneimittelsicherheit erscheint uns nicht logisch, weil die Softwarehäuser sich bereits seit vielen Jahren und mit großer Eigeninitiative genau dafür einsetzen. Wir müssen vermuten, dass sich die ABDA über die Konsequenzen einer Umsetzung ihrer Forderung nicht wirklich im Klaren ist.

ADHOC: Was würde eine Zertifizierung für die Softwarehäuser bedeuten?

SCHINDL: Das hängt davon ab, welche Funktionsbereiche man zertifizieren möchte. Zunächst müsste konkret formuliert werden, welche Vorgaben eingehalten werden müssten. Doch vor der genauen Darstellung von Ablaufregeln für die Software drückt sich die ABDA schon seit Jahren, zum Beispiel bei der korrekten Berücksichtigung von Rabattverträgen. Das hat zur Folge, dass Softwarehäuser und Apotheker ihre eigene Interpretation der Vorschriften finden müssen und dabei nicht unerhebliche Risiken übernehmen. Hier würden wir uns über eindeutige Definitionen und eine bessere Datenlage sogar freuen. Die Softwarehäuser haben in der Vergangenheit bei der ABDA mehrfach genauere Vorgaben eingefordert und ihre Expertise schon im Vorfeld von anstehenden Änderungen angeboten.

ADHOC: Können Sie abschätzen, welche Kosten auf die Softwareanbieter – und damit letztlich auf deren Kunden – zukommen würden?

SCHINDL: Eine Zertifizierung bekommt man nicht geschenkt. Die Folge wären zusätzliche Überprüfungs- und Korrekturschleifen bei der Entwicklung, Zeitverlust, also Verlangsamung der Auslieferung von Änderungen, und vermutlich noch zusätzliche Gebühren für die eigentliche Durchführung der Zertifizierung. Je nach konkreter Ausprägung könnte dies zu deutlichen Auswirkungen auf den Preis für die Softwarepflege führen. Einen konkreten Betrag zu nennen, wäre allerdings im Moment reine Spekulation.

 

 

ADHOC: Wie ließe sich bei einer Zertifizierung das Problem der ständigen Aktualisierungen lösen?

SCHINDL: Das ist die Kernfrage. Klar ist, dass eine Zertifizierungsanforderung jede Änderung der Software erheblich verteuern und vor allem auch verlangsamen würde. Bei termingebundenen Änderungen etwa müssten sämtliche EDV-Systeme gleichzeitig durch die Zertifizierung. Kaum noch darstellbar wären kurzfristige und hektische Softwareänderungen, wie sie mittlerweile – auch aufgrund einer tendenziell immer späteren Kommunikation an die Softwarehäuser – leider schon fast zur Gewohnheit geworden sind. Ob die Herren bei der ABDA das bei ihrer Stellungnahme bedacht haben, darf zumindest bezweifelt werden.

ADHOC: Welche Merkmale der Software könnten betroffen sein?

SCHINDL: Nachdem wir bislang keinerlei offizielle Information von der ABDA zu diesem Thema erhalten haben, kann ich nur spekulieren, dass es mit der konkreten Auswahl des abzugebenden Arzneimittels zu tun haben dürfte. Falls es künftig verboten würde, die Entscheidung des pharmazeutischen Personals mit Informationen zu unterstützen, wäre das zum Nachteil für die Apotheken. Würde es hingegen zu klaren und eindeutigen Auswahlalgorithmen und damit mehr Abgabesicherheit kommen, hätten die Apotheken großen Nutzen davon.

 

* Mitglieder im ADAS sind die Softwarehäuser Awinta, Pharmatechnik, Lauer-Fischer, Asys, ADV und Optipharm. Nach eigenen Angaben betreuen die EDV-Anbieter zusammen rund 17.000 Apotheken. Der Vorsitzende Dr. Mathias Schindl ist Marketing- und Vertriebschef beim Starnberger Softwarehaus Pharmatechnik.

 

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