Kommentar

Eine toxische Selbst-Inszenierung Alexander Müller, 07.06.2023 10:33 Uhr

Gesundheitsminister Karl Lauterbach poltert auf Instagram gegen die Vor-Ort-Apotheken.
Berlin - 

Halbwegs versöhnlich klangen die Worte von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), mit denen er in den 20-Uhr-Nachrichten der Tagesschau zitiert wurde. Doch kurz bevor der Beitrag ausgestrahlt wurde, polterte er auf seinem Instagram-Kanal schon wieder gegen die Apotheken. Dieser Minister ist kein verlässlicher Gesprächspartner für die Apotheken, kommentiert Alexander Müller.

Zunächst die gute Nachricht: Die Apotheken haben es mit ihrem Protest in die Tagesschau geschafft – und hier wurde sogar der erwartbar kritische Einwurf der Kassenseite (hier: AOK-Bundesverband) sofort von der Redaktion mit dem Verweis auf die sinkende Apothekenzahl demaskiert.

Nach der Forderung von Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening nach einer angemessenen Honorierung wird das folgende Lauterbach-Statement mit den Worten anmoderiert, dass der Minister Verständnis habe. Und tatsächlich: Der Beruf müsse attraktiv bleiben, Entbürokratisierung sei wichtig „und dass wir auch die Leistungen des Apothekers besser bezahlen“. Zur Erklärung schob Lauterbach nach, dass es dabei nicht nur um Geld gehe, sondern um eine Aufwertung der Tätigkeiten jenseits der Packungsabgabe.

Auf Instagram dagegen postetetder Minister kurz vor Ausstrahlung dann: „Die #Apotheker machen dicht für einen Tag, Protest gegen schlechte Honorare. Noch schnell einen Kommentar gegeben, kommt in 15 min in der #Tagesschau. Die Einkommen der Apotheker sind stetig gestiegen, gerade in der Pandemie. Wirklich schlecht verdient wird in der Pflege.“

Was soll das? Erstens wiederholt Lauterbach die boshafte Ungenauigkeit, die sein Haus schon am Montag im „Faktenblatt“ verbreitet hat: Er macht aus den politisch verantworteten MehrUMSÄTZEN (Masken, Impfzertifikate, Tests, Impfzubehör) kurzerhand GEWINNE. Das ist pure Polemik und eines Bundesministers unwürdig.

Die zweite vollkommen unnötige Provokation ist der Vergleich mit der Pflege. Kurzer Faktencheck zur Einordnung: Das Einstiegsgehalt einer PTA beträgt 2419 Euro, bei einer Pflegekraft sind es 2932 Euro (ohne Ausbildung: 2376 Euro). Oder bringt Lauterbach hier wie bei Umsatz und Ertrag wiederum Pflegeheimbetreiber, Apothekeninhaber und Angestellte durcheinander?

Was auch immer zu solchen erratischen Ausführungen geführt hat – die Apotheken sollten sich nicht auf die Neiddebatte einlassen. Es ist ein altes Spiel der Gesundheitspolitik, die Berufgruppen gegeneinander aufzuhetzen und auszuspielen. Das Bündnis aus IG Med und Freier Apothekerschaft hat das längst durchschaut und sucht den Schulterschluss der Gesundheitsberufe.

Lauterbach will mit solchen windschiefen Vergleichen nur von den berechtigten Forderungen der Apotheken ablenken: Die rund 400 Apothekenleiter:innen, die im vergangenen Jahr ihren Laden für immer dichtgemacht haben, sind heute keine vermögenden Privatiers. Sie haben oftmals aus Perspektivmangel keinen Nachfolger gefunden oder schlicht und einfach aufgegeben. Es wäre schön, wenn der Minister diese einfache Wahrheit endlich anerkennen würde, er mag doch Studien.