Die Einführung der Bonpflicht Anfang 2020 hat die Gemüter erhitzt. Sie sollte Steuerbetrug erschweren. Vor allem das Handwerk ist dagegen Sturm gelaufen. Die Ablehnung ist geblieben, der Widerstand wegen der Corona-Pandemie jedoch schwächer geworden.
Die kleinen Zettel werden wortlos auf den Verkaufstisch gelegt und verschwinden dann wieder: Die seit einem Jahr geltende Bonpflicht als Maßnahme gegen Steuerbetrug an Ladenkassen steht bei Handwerk und Gewerbe weiter in der Kritik. „Die Bonpflicht muss weg!“, betonte der Dresdner Bäckermeister und Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerkes, Michael Wippler, bei einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa bei Kammern und Innungen.
Die Bonpflicht sei als „Aufregerthema“ des Jahreswechsel 2019/2020 durch die Corona-Pandemie aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt worden. „Für unsere Betriebe ist es aber weiterhin ein Thema, das für Unmut und Unverständnis sorgt“, sagte Wippler, dessen Bäckereiunternehmen rund 100 Jahre alt ist.
Laut Finanzministerium sollte mit dem schon 2016 verabschiedeten „Kassengesetz“ der Steuerbetrug etwa durch manipulierte Ladenkassen bekämpft werden. Mit der Belegausgabepflicht sei nur eine Regelung eingeführt worden, die es zuvor schon in 21 anderen EU-Ländern gegeben habe.
Vor allem in vielen Filialen bei Fleischern und Bäckern stehe direkt neben der Kasse ein Korb oder Sack für die Bons, die von den Kunden nicht gewünscht seien, berichtete der Sprecher der Handwerkskammer Dresden, Daniel Bagehorn. Das zeige, dass die Neuregelung zum großen Teil weder die Handwerker noch die Kunden sinnvoll fänden. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise habe das Thema für die Unternehmen jetzt jedoch nicht mehr oberste Priorität. „Anfragen dazu kommen bei der Handwerkskammer Dresden kaum noch an“, sagte Bagehorn.
„Der Händler macht es, weil er es muss. Der Kunde akzeptiert es mit einem gequälten oder hämischen Lächeln, weil er es nicht für sinnvoll hält“, kommentierte der Sprecher die Industrie- und Handelskammer Dresden, Lars Fiehler, die Bonpflicht. Weil diese auch im Nachhinein durch Auslesen der elektronischen Kassen relativ einfach überprüft werden könne, werde sie von den Unternehmen selbstverständlich befolgt, auch wenn sie deren Sinn nicht verstünden und sie die Bons entsorgen müssten.
„Bei geringeren Beträgen für Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs etwa beim Bäcker oder Drogerieartikel verzichten die Kunden meist auf den Bon, weil er für sie keinen Nutzen hat.“ Allerdings räumt Fiehler ein: Wegen Corona zahlten jetzt viele Kunden auch kleine Beträge mit Karte und nähmen den Bon denn doch mit, um die Zahlungen mit den Kontoauszügen zu vergleichen.
Seit Corona im vergangenen März akut geworden ist, seien bei der IHK von den Gewerbetreibenden keine Anfragen, Beschwerden oder Statements zur Bonpflicht mehr eingegangen, sagte Fiehler. „Die Aufwendungen, die dem Handel durch die nun wirklich sinnvollen Corona-Schutzmaßnahmen entstehen, übersteigen die Mehraufwendungen zur Umsetzung der Belegausgabepflicht deutlich.“
Nach Ansicht von Wippler ist die Bonpflicht gar nicht notwendig, um die Steuerehrlichkeit zu sichern. Denn moderne elektronische Kassen erfassten nicht nur jeden Verkaufsvorgang, sondern speicherten auch jede Korrektureingabe fälschungssicher.
Dem Finanzministerium zufolge ist es auch wegen eingeschränkter Prüfungen in der Corona-Pandemie nicht möglich, belastbare Aussagen zu den Auswirkungen der Belegausgabepflicht zu treffen.
Seit 1. Januar 2020 müssen Händler mit elektronischen Kassensystemen ihren Kunden bei jedem Kauf unaufgefordert einen Beleg aushändigen. Kassen sollen fälschungssicher und so Manipulationen verhindert werden. Der Bon sollte auch per Mail oder auf das Handy ausgegeben werden können. In „Härtefällen“ ist kein Beleg fällig – das aber muss die jeweilige Finanzbehörde vor Ort prüfen.
Der Staat verliert alljährlich hohe Summen, weil Unternehmen ihre Umsätze mit manipulierten Kassen, Schummelsoftware oder fingierten Rechnungen nicht oder falsch erfassen – vor allem in der Gastronomie und in anderen Branchen mit hohem Bargeldanteil.
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