BGH legt Verfahren vor

E-Bike von DocMorris: Rx-Prämie beim EuGH

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Berlin -

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll sich erneut mit einem Bonussystem von DocMorris befassen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte den Luxemburger Richtern bereits im Februar ein Verfahren zur Vorabentscheidung vorgelegt, jetzt liegt die schriftliche Begründung vor. Der EuGH soll entscheiden, ob ausländische Versandapotheken in Verbindung mit der Rezepteinlösung nicht nur Barrabatte gewähren, sondern auch Gewinnspiele anbieten dürfen. Es geht um die Auslegung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG).

Bereits 2016 hat der EuGH entschieden, dass sich ausländische Versandapotheken nicht an die deutschen Preisvorschriften halten müssen. Rx-Boni sind seitdem für DocMorris & Co erlaubt. Jetzt geht es um die Frage, ob das man den Hollandversendern über das HWG Gewinnspiele verbieten kann, „wenn die Teilnahme an dem Gewinnspiel an die Einreichung eines Rezepts für ein verschreibungspflichtiges Humanarzneimittel gekoppelt ist, der ausgelobte Gewinn kein Arzneimittel, sondern ein anderer Gegenstand ist (hier: ein Elektrofahrrad im Wert von 2500 Euro und elektrische Zahnbürsten), und nicht zu befürchten ist, dass einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub geleistet wird“, heißt es in der Vorlagefrage.

Da der BGH im letzten Teil seiner Frage schon selbst unterstellt, dass ein solches Gewinnspiel keinen Arzneimittelmissbrauch bedingt, geht es eher um grundsätzliche Fragen des HWG. Für DocMorris ist der Ausgang des Verfahrens nicht unbedingt entscheidend, da die für den Versender wichtigere Gewährung von Rx-Boni unberührt bleibt.

Auch das Ausgangsverfahren ist schon recht alt. DocMorris hatte im März 2015 das Gewinnspiel ausgelobt, die Teilnahme war an die Einlösung eines Rezeptes gekoppelt. Die Apothekerkammer Nordrhein hatte die Versandapotheke verklagt. Das Landgericht Frankfurt hatte einen HWG-Verstoß verneint, weil das Gewinnspiel keinen Vorschub zu einem Fehlgebrauch von Arzneimitteln leiste. Und nach dem EuGH-Urteil gelte die Preisbindung für EU-Versender ohnehin nicht mehr, auch das HWG sei nicht anwendbar. Im Berufungsverfahren hob das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) diese Entscheidung auf und erklärte das HWG für anwendbar. Denn § 7 habe nicht die Einhaltung der arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften zum Gegenstand, sondern das Verbot der Wertreklame. Der Ausnahmetatbestand „geringwertige Kleinigkeit“ greife auch nicht. DocMorris ging in Revision.

Doch der BGH schickt die Frage nach Luxemburg: „Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Unionsrechts ab“, heißt es im Beschluss aus Karlsruhe. Die Richter stellen bereits klar, dass sie auch aus ihrer Sicht das Gewinnspiel in dieser Form keiner unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leistet. Wie das OLG hält es der BGH für wenig wahrscheinlich, dass ein Kunde einen Arzt veranlassen könnte, ein nicht benötigtes Arzneimittel zu verschreiben, um an dem Gewinnspiel teilnehmen zu können – schon wegen der gesetzlichen Zuzahlung sei das abwegig.

Aber das Gewinnspiel könnte trotzdem nach dem HWG unzulässig sein. Denn der BGH geht auch in diesem Verfahren davon aus, dass auch eine Werbung für das gesamte Sortiment der Apotheke produktbezogen sei. Das könnte der EuGH allerdings auch anders sehen und Gewinnspiele im Zusammenhang mit der Rezepteinlösung als bloße Imagewerbung einordnen. Das HWG wäre dann nicht berührt und die Apotheken hätten plötzlich deutlich größere Freiheiten bei ihren Werbeaktionen.

Fraglich ist aus Sicht des BGH, ob die Werbung ihre Kunden unsachlich beeinflusst. Der BGH schreibt dazu: „Nach Ansicht des Senats spricht vieles dafür, dass eine Werbung mit vom Zufall abhängigen Gewinnchancen beim Absatz verschreibungspflichtiger Arzneimittel als unsachliche Beeinflussung der angesprochenen potentiellen Kunden der Beklagten anzusehen und aus diesem Grund die in Rede stehende Werbung zu untersagen ist.“ Die entsprechende EU-Richtlinie enthalte keine Vorschriften über Arzneimittelwerbung, die die Möglichkeit zur Teilnahme an Auslosungen vorsehe.

Der EuGH hatte zwar im Fall „Gintec“ entschieden, dass freiverkäufliche Arzneimittel nicht Gegenstand von Gewinnspielen sein dürfen. In jetzt vorliegenden Fall ging es aber laut BGH um etwas anderes: „Im Streitfall wird nicht ein konkretes, frei verkäufliches Arzneimittel beworben. Die Werbung bezieht sich vielmehr allgemein auf verschreibungspflichtige Arzneimittel. […] Anders als im Fall ‚Gintec‘ besteht zudem der Gewinn nicht in dem Arzneimittel selbst, sondern in einem Elektrofahrrad und Elektrozahnbürsten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist im Streitfall zudem nicht zu befürchten, dass einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub geleistet wird.“ Daher lasse sich aus der älteren Entscheidung nicht ableiten, ob der EuGH Gewinnspiele für zulässig erklären werde.

Zur Besonderheit verschreibungspflichtiger Arzneimitte bemerkt der BGH noch: „Hat ein Arzt ein Arzneimittel verschrieben, ist zwar davon auszugehen, dass er den Patienten im Hinblick auf dieses Arzneimittel beraten hat und ihn insbesondere über Risiken und Nebenwirkungen des verschriebenen Arzneimittels aufgeklärt hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass in jedem Fall eine zweite unaufgeforderte Beratung durch einen Apotheker entbehrlich ist.“ Apotheker müssten Nachfragen stellen und Beratung anbieten.

Die abschließende Einschätzung der Karlsruher Richter: Die Entscheidung des Patienten, ob er Rx-Arzneimittel online oder vor Ort bezieht, wo eine „objektiv benötigte Beratung“ geleistet werde, sollte „auf sachlichen Gründen beruhen und nicht durch aleatorische Reize beeinflusst werden“.

Der EuGH hat die Sache noch nicht terminiert. Die Luxemburger Richter könnten sich aber auch entscheiden, den Fall gar nicht zur Verhandlung anzunehmen, sondern den BGH mit einem schriftlichen Hinweis bescheiden.

 

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