Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) kritisiert die Möglichkeit der Krankenkassen, umfangreich auf die E-Rezept-Daten zuzugreifen. In seiner Stellungnahme zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz äußert der Verband die Befürchtung, die Kassen könnten Patientenentscheidungen manipulieren. Zudem setzt sich der BAH für das Grüne E-Rezept ein.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sieht die Schaffung eines neuen § 361a im Sozialgesetzbuch V (SGB V) vor. Darin werden die Anbieter genannt, die die Schnittstelle der Gematik nutzen können sollen: DiGA-Anbieter, Krankenkassen, Apotheken, Ärzt:innen und Krankenhäuser.
Der BAH würde die Rechte der Kassen gerne beschränken: „Insbesondere die Möglichkeit, Informationen zur individuellen Versorgung auf Grundlage der elektronischen Verordnung zielgerichtet zu adressieren, birgt die Gefahr einer ungewollten Beeinflussung des Versicherten hinsichtlich der Therapieentscheidung des Leistungserbringers. Darüber hinaus ist jeglichen Bestrebungen, die Patienten in ihren Entscheidungen bei der Rezepteinlösung zu manipulieren oder nicht neutral zu informieren, entschieden entgegenzutreten.“
Der Herstellerverband schlägt vor, die Passage „für individuelle Angebote zur Verbesserung der Versorgung der jeweiligen Versicherten“ zu streichen. Grundsätzlich gut findet der BAH, dass die Apotheker:innen auf die Daten zugreifen können. „Dennoch sollten nur solche Apotheken auf die Daten nach § 360 Absatz 1 SGB V zugreifen können, die auch von einem Versicherten mit einer elektronischen Verordnung im Fachdienst autorisiert wurden. Die Ansteuerung von Verordnungen durch unberechtigte Apotheken vor Einlösung des Rezept-Tokens aufgrund der neuen Zugriffsoptionen ist zu unterbinden. Verstöße sind zu sanktionieren“, fordert der Verband. Die Leistungsfähigkeit und damit die Bedeutung der Apotheke vor Ort für die Gesundheitsversorgung dürfe durch die vorgesehene Zugriffsberechtigung auf den Fachdienst der Gematik nicht beeinträchtigt werden.
Kritisch sieht der BAH den de facto Ausschluss der Plattformen, auf denen sich Apotheken zusammenschließen können. Damit entfalle die Entwicklungsmöglichkeit von E-Rezept-Anwendungen Dritter, die Mehrwertangebote für den Patienten anbieten könnten. „Aus Sicht des BAH entfällt damit zudem die Chance, teils noch nicht absehbare Potenziale der Drittanbieter-Anwendungen für eine verbesserte Patientenversorgung zu heben. Insbesondere Verfügbarkeitsabfragen zu einem Arzneimittel dürfen nicht ausschließlich der E-Rezept-App der Gematik vorbehalten sein.“
Die notwendigen Leitplanken bezüglich Datenschutz, Verfügbarkeit, Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit der Telematikinfrastruktur seien gesetzt und blieben vor dem Hintergrund des § 360 Absatz 10 SGB V gewahrt. Der BAH schlägt daher vor, dass das BMG durch Rechtsverordnung Schnittstellen und ihre Nutzung durch Drittanbieter selbst regeln darf.
Ein weiteres Anliegen des BAH ist das „Grüne Rezept“. Jährlich stellten Ärzt:innen rund 35,5 Millionen solcher schriftlichen Empfehlungen aus. Mit dem Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) wurde die Selbstverwaltung beauftragt, einen elektronischen Vordruck für die Empfehlung apothekenpflichtiger, nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu vereinbaren. Die Dienste der Telematikinfrastruktur für die Übermittlung der elektronischen Empfehlung sind dabei zu verwenden, sobald diese zur Verfügung stehen.
Die Vertragspartner des Bundesmantelvertrages-Ärzte haben laut BAH fristgerecht entsprechende Vorgaben zur Verwendung elektronischer Empfehlungen vereinbart. Doch die Umsetzung in der Praxis scheitere an der Gematik. Für die Schaffung der notwendigen Dienste sei der Gematik keine gesetzliche Frist gesetzt worden. Dies wundert die Hersteller, da die elektronische Übermittlung erstattungsfähiger apothekenpflichtiger, nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel bereits möglich sei. Der BAH wünscht sich im Zuge der Einführung des Grünen E-Rezepts eine gesetzliche Frist für die Gematik.
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