Ab Oktober haben Patienten ein Recht auf einen Medikationsplan in Papierform. Wie dieser genau aussehen soll, ist noch offen. Apotheker und Ärzte haben nun ausgehandelt, wer was wie in den Plan schreiben darf oder muss. Diese Vereinbarung soll im Mai in Kraft treten, die Inhalte sollen bis dahin noch nicht öffentlich gemacht werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hofft auf die Hilfe der Apotheker in Sachen OTC – Interaktionen würden die Ärzte aber lieber selbst kontrollieren.
Mit dem E-Health-Gesetz wird geregelt, dass Patienten ab dem 1. Oktober Anspruch auf einen Medikationsplan von ihrem Arzt haben. Voraussetzung ist, dass mindestens drei verordnete Medikamente gleichzeitig eingenommen werden. Ärzte müssen die Patienten zudem über ihren Anspruch informieren.
Auf dem Medikationsplan sollen nicht nur die verordneten Arzneimittel, sondern auch OTC-Präparate und relevante Medizinprodukte stehen, etwa ein Insulinpen oder ein Inhalator für Asthmatiker. Hinweise zur Anwendung der Medikamente sollen auf dem Plan vermerkt werden. Auf dem Plan soll außerdem der Grund stehen, aus dem ein Arzneimittel eingenommen wird. Bei Metoprololsuccinat könnte dann zum Beispiel „Herz/Blutdruck“ stehen und bei Simvastatin „Blutfette“ – also eine laienverständliche Indikation.
Wie das in der Praxis umgesetzt werden kann, hat eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des Deutschen Apothekerverbands (DAV), der Bundesärztekammer (BÄK) und der KBV diskutiert. Die drei Organisationen legen Inhalt, Struktur und Vorgaben für Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans fest und sollen ein Verfahren zu seiner Fortschreibung entwickeln. Ende des Monats soll die dreiseitige Vereinbarung endgültig stehen.
„Ziel ist es, hier letztendlich einen einheitlich standardisierten Plan zu schaffen“, erklärt Dr. Sibylle Steiner, die bei der KBV das Dezernat „Ärztliche und Veranlasste Leistungen“ leitet. Es gehe dabei um Verständlichkeit und einen Wiedererkennungswert. „Deshalb ist es ganz wesentlich gewesen, dass wir Inhalte und Struktur festlegen.“
Die dreiseitige Vereinbarung steht inzwischen in weiten Teilen und muss nun noch dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vorgelegt werden, die dem Ganzen zustimmen müssen. Auch Patientenorganisationen werden noch die Möglichkeit zur Stellungnahme bekommen. „Wir haben die wesentlichen Vorarbeiten geleistet“, so KBV-Vorstand Regina Feldmann.
In Sachen Selbstmedikation wünscht sich Feldmann mehr Unterstützung aus den Apothekern. Diese können Medikationspläne laut E-Health-Gesetz zwar nicht erstellen, aber ändern und ergänzen. Das ist besonders bei OTC-Präparaten relevant. Feldmann hofft, mithilfe der Apotheker „ein bisschen Koordinierung“ und mehr Verständnis bei den Patienten zu erreichen.
Bereits heute ist geplant, die Vereinbarung bis Ende April 2017 fortzuschreiben, um die Daten dann auch für die Prüfung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) nutzen zu können. Außerdem soll geregelt werden, wie die Informationen des Medikationsplans auf die elektronische Gesundheitskarte (eGK) übernommen werden können. Dieser Schritt ist ab 2018 geplant und soll bis spätestens Anfang 2019 abgeschlossen sein. Für Feldmann ist die Speicherung auf der eGK die beste Lösung. „Aber das wird von der freien Ärzteschaft nicht begrüßt“, räumt sie ein. Hier brauche es eine politische Lösung.
Doch zumindest auf Papier muss es den Medikationsplan in einem halben Jahr geben. Bis Ende Juni soll noch im Bundesmantelvertrag festgelegt werden, wann Versicherte einen Anspruch auf den Plan haben. Auch über die Vergütung der Ärzte wird noch diskutiert. „Dazu laufen Gespräche“, so Feldmann. In einzelnen Verträge gebe es zwar schon AMTS-Prüfungen, die aber ganz unterschiedlich vergütet würden. Man werde sich „auf einem vernünftigen Weg“ einigen.
Die Softwareunternehmen sollen nun die Voraussetzungen dazu schaffen, dass der Plan in den Praxen eingelesen und ausgedruckt werden kann. Ohne diese Möglichkeit würden die Programme nicht mehr zertifiziert, so Feldmann. Sie sieht die Ärzte daher auf einem guten Weg und ist überzeugt, dass im Oktober alle Voraussetzungen gegeben sein werden, dass Ärzte Pläne einlesen und ausdrucken können – auch wenn Praxen bislang wahrscheinlich nur im Ausnahmefall mit Handscannern ausgestattet sind. „Ich sehe da keine Probleme.“
Feldmann selbst gibt in ihrer Praxis bereits seit 1991 Medikationspläne aus. „Die Quote derer, die ihn beim nächsten Termin auch dabei haben, steigt langsam, aber stetig“, sagt sie. Derzeit liege sie schätzungsweise bei 30 Prozent. „Da müssen wir gemeinsam mit den Patienten noch viel arbeiten.“
Wichtig ist aus Sicht von Feldmann, dass Ärzte in der Praxis Interaktionen überprüfen könnten. Es gebe zwar schon entsprechende Software, diese sei aber sehr teuer und die Implementierung in die Praxissysteme schwierig – „weil wir die Softwarehersteller nicht verpflichten können, diese Module zu implementieren“. Eine elektronische AMTS-Prüfung in der Praxis ist für sie das große Ziel. „Ich hoffe, dass das in den nächsten Jahren erreichbar ist.“
Ein Problem ist aus ihrer Sicht, dass die Daten immer auf dem neuesten Stand sein sollten und die Datenbank daher ständig überarbeitet werden müsse. Sie habe den Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) bereits auf eine mögliche Zusammenarbeit angesprochen – schließlich lägen den Unternehmen Informationen über Interaktionen vor –, aber noch keine Antwort erhalten.
Von den Herstellern wünscht sich Feldmann auch, dass sie die Wirkstoffbezeichnung prominenter auf der Packung platzieren und den Markennamen etwas kleiner. Das könnte Patienten helfen, wenn Arzneimittel durch Rabattverträge ausgetauscht werden.
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