ABDA will weniger Medikationspläne Alexander Müller, 28.10.2015 15:07 Uhr
Heute in einer Woche bekommen die Apotheker noch eine Chance. Dann findet im Gesundheitsausschuss des Bundestages die öffentliche Anhörung zum E-Health-Gesetz statt. Die ABDA versucht mit allen Mitteln, die Apotheker doch noch ins Spiel zu bringen. In ihrer neuen Stellungnahme ist die ABDA offenbar zu einem Zugeständnis bereit: Demnach sollen weniger Patienten als bislang geplant Anspruch auf einen Medikationsplan haben.
Laut dem aktuellen Entwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kann jeder Patient mit mindestens drei verordneten Arzneimitteln von seinem Arzt einen Medikationsplan in Papierform erhalten. Die Apotheker würden die Pläne gern ebenfalls ausstellen dürfen, zumal daran anknüpfende Dienstleistungen die Arbeit der Apotheker aufwerten soll.
Das lehnt die Regierung bislang jedoch ab. Bei der ABDA hofft man auf das parlamentarische Verfahren. Der Bundesrat hatte sich immerhin schon für eine Einbeziehung der Pharmazeuten ausgesprochen – bei Gröhe aber kein Gehör gefunden. Möglicherweise befürchtet die Politik, von den Apothekern mit Honorarforderungen konfrontiert zu werden, sollten diese zu stark eingebunden werden.
Die ABDA hält daran fest, dass die Patienten sich ihren Medikationsplan auf Wunsch auch in einer von ihnen gewählten Apotheke ausstellen lassen können. Einen gesetzlichen Anspruch sollten laut ABDA aber nur noch Versicherte haben, „die gleichzeitig mindestens fünf verordnete Arzneimittel anwenden“, heißt es in der Stellungnahmen [Hervorhebung im Original].
Der ABDA zufolge entspricht die eigene Forderung dem Standard: „National wie auch international hat sich als Definition eine zeitgleiche Anwendung von fünf oder mehr Arzneimitteln (und meist beschränkt auf systemisch wirkenden Arzneimittel/-stoffe in der Daueranwendung) durchgesetzt.“ Beispielhaft werden der Arzneiverordnungsreport, der Barmer-Arzneimittelreport oder der Versorgungsreport der AOK genannt sowie Defintionen aus den USA, Australien oder anderen europäischen Ländern.
Ab einer Anzahl von fünf Arzneimitteln stiegen arzneimittelbezogene Probleme wie unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), mangelnde Adhärenz oder Interaktionen überproportional an, heißt es in der Stellungnahme. Damit nehme auch das Risiko von Komplikationen und Krankenhausaufenthalten deutlich zu.
Im ersten Entwurf zum E-Health-Gesetz war tatsächlich von mindestens fünf Arzneimitteln die Rede. Professor Dr. Martin Schulz, ABDA-Geschäftsführer Pharmazie, hatte dies im Januar kritisiert. Beim Modellprojekt ARMIN werde der Medikationsplan auch für Patienten ausgestellt, die weniger als fünf Arzneimittel erhielten, wenn Arzt oder Apotheker einen Bedarf sähen. Gröhe hatte die Mindestgrenze im April auf drei Arzneimittel gesenkt. Insofern könnte die ABDA mit ihrer aktuellen Begründung bei der Politik womöglich durchdringen.
Die ABDA wünscht sich zudem eine Klarstellung, ob tatsächlich drei beziehungsweise fünf Arzneimittel – also die Handelsnamen – oder fünf verschiedene Arzneistoffe gemeint sind. „Sollten Arzneistoffe gemeint sein, sollten fixe Kombinationspräparate, wie zum Beispiel Dermatika oder Mittel zur Behandlung grippaler Infekte mit mehreren Wirkstoffen, auch als Anspruchsvoraussetzung ausgenommen werden“, so die ABDA. Allgemein sollte eine Akutmedikation, etwa bei Infekten, keinen Anspruch auf den Medikationsplan begründen.
Neu ist auch die Forderung, dass 2D-Codes auf dem Papierplan aufgedruckt werden sollen, damit vorhandene Daten nicht händisch in die Software übertragen werden müssten. Ansonsten wiederholt die ABDA im Wesentlichen ihre vorherige Stellungnahme aus dem Juni. Die Apotheker belegen außerdem mit Zahlen, dass die bislang von Ärzten ausgestellten Medikationspläne oft fehlerhaft oder unvollständig sind und fordern eine Medikationsanlyse in der Apotheke.
Die ABDA stellt erneut klar, die Erstellung und Aktualisierung der Pläne sei „keine mit der Abgabe von einzelnen Arzneimitteln im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, die Gegenstand der Information und Beratung durch den Apotheker sind“. Der vom Arzt und Apotheker zu betreibende Aufwand zur Medikationsanalyse und Erstellung sowie Fortschreibung des umfänglichen Medikationsplans erfordere „zwingend eine gesonderte Vergütung in gleicher Höhe“. Für den Apotheker sei jedoch – im Gegensatz zum Arzt – eine Vergütung bislang nicht vorgesehen, moniert die ABDA.