GKV-Zusatzleistungen

Dubiose AOK-App abgeschaltet

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Berlin -

Das Bundesversicherungsamt (BVA) und die zuständigen Behörden auf Landesebene stehen nach wie vor kritisch zu den umstrittenen Zusatzleistungen der Krankenkassen. Auf der jüngsten Tagung haben sich die Kontrolleure mit fast einem Dutzend dieser Angebote befasst und haben mindestens eines für rechtswidrig erklärt.

Einen „AOK-Führerscheintrainer“ inklusive offizieller Prüfungsfragen hatte die AOK Bayern ihren Versicherten seit 2015 angeboten, um sie „fit für die theoretische Führerscheinprüfung“ zu machen. Was das mit Gesundheitsversorgung zu tun hat, fragte sich die überwachende Behörde. Die App enthalte Tipps gegen Prüfungsstress und Entspannungsübungen, weshalb sie einen „klaren Gesundheitsbezug“ habe, verteidigte die AOK ihr Angebot. Überzeugend war das nicht; das Angebot sei auf der Tagung Ende Mai für rechtswidrig erklärt worden, berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf ein internes Protokoll.

Kurz danach wurde die App abgeschaltet. Einen Zusammenhang mit der Kritik der Aufsichtsbehördentagung bestehe aber nicht, versichert eine AOK-Sprecherin. Der gleiche Zeitpunkt sei Zufall. Das Urteil der Tagung habe ohnehin keine rechtliche Wirkung gehabt. In dem Bericht werden noch mehrere andere Fälle aufgezählt, mit denen sich die Aufsichtsbeamten befasst haben sollen. Darunter sind Volkshochschulkurse wie „Thai-Chuan im Stockkampf“ und „Bodyforming mit Yoga und Pilates“, die die AOK Baden-Württemberg bezahlt, oder ein Seminar mit dem Titel „Hilfe, mein Kind ist in der Pubertät“, das die sächsisch-thüringische AOK Plus erstattet.

Die Kritik der Aufsichtsbehörden: Die Kassen nutzen ihre milliardenschweren Überschüsse für Angebote, die nur im entferntesten etwas mit Gesundheitsversorgung zu tun haben, um so junge, gesunde – sprich: rentable – Beitragszahler zu sich zu locken. Während die Kassen an anderen Enden des Gesundheitssystems Milliarden sparen wollen, geben sie selbst mehr als eine halbe Milliarde Euro im Jahr aus, um Zusatzleistungen zu bezahlen, deren Wirkung zweifelhaft ist. Der Streit um die Erstattung homöopathischer Arzneimittel ist da nur ein Teil der gesamten Debatte.

Das BVA hatte diese Kritik erst kürzlich in seinem „Sonderbericht zum Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung“ geäußert. Darin forderte die Behörde eine grundlegende Reform der Satzungsleistungen. Denn diese führten laut dem Bericht „zwangsläufig zu einem Spannungsfeld zwischen öffentlich-rechtlichem Versorgungs- und Verwaltungsauftrag und kassenindividuellen Marketingstrategien zur Positionierung im Wettbewerb“. Und mehr noch: Die Satzungsleistungen gingen oftmals sogar auf Kosten eigentlich wichtigerer Kernleistungen wie der Rehabilitation. Das widerspreche den Zielen des Gesetzgebers.

Das BVA warf den Kassen vor, sie würden „in einzelnen Fällen vergessen“, dass sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts „die Beachtung bestehender gesetzlicher Beschränkungen nicht zugunsten maximaler Kostenersparnis und damit Wettbewerbsvorteilen vernachlässigen dürfen“. Deshalb sollten Wahltarife gestrichen, Versorgungsverträge und Präventionsangebote stärker kontrolliert und der Fortbestand von Bonusprogrammen überdacht werden.

Bei den Kassen sieht man das naturgemäß anders. Bei den Ersatzkassen seien die Programme „genau auf die Bedürfnisse der Versicherten zugeschnitten”, sagte die Vdek-Vorsitzende Ulrike Elsner der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, sieht hingegen durchaus Diskussionsbedarf bei einzelnen Kritikpunkten, fordert jedoch grundsätzlich: „Der Wettbewerb in der Krankenversicherung braucht mehr Handlungsspielräume.“

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