Die Apotheker fordern seit Jahren mantramäßig eine Erhöhung ihres Honorars. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) will aber zunächst ein Gutachten sehen, was eine angemessene Vergütung ist und ob, wie und wie oft diese angepasst werden muss. In dieser Grundsatzdebatte geistern auch Vorschläge herum, die für die Apotheker gefährlich werden könnten. So wird angesichts der dynamischen Entwicklung bei den Hochpreisern über eine Begrenzung des Apothekenhonorars nachgedacht.
Laut Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) erhalten die Apotheker derzeit 3 Prozent auf den Herstellerabgabenpreis sowie ihre Fixpauschale von 8,35 Euro, weitere 16 Cent pro Rx-Packung fließen in den Notdienstfonds. Die Kassen erhalten einen inzwischen fixierten Rabatt von 1,77 Euro.
Mit der Einführung des Fixums im Jahr 2004 sollte der Anreiz zur Bevorzugung teurer Präparate genommen werden, den es zuvor trotz preisdegressiver Margen gab. Ein kleiner prozentualer Anteil blieb Teil des Honorars, damit die Apotheker einen Ausgleich für das Lagerrisiko und die Beschaffungskosten haben. So der Status quo.
Aktuell gibt es aber eine Entwicklung bei den Arzneimittelpreisen, die die Politik mit Sorge erfüllt: Der Umsatzanteil sehr hochpreisiger Arzneimittel steigt dramatisch an. In der politischen Diskussion tauchen natürlich die extremen Preise der Hepatitis-Medikamente Sovaldi oder Harvoni auf, mit sechsstelligen Therapiekosten pro Patient.
Sovaldi ist derzeit mit einem Herstellerabgabepreis (ApU) von 13.666 Euro gelistet, Harvoni mit 26.291 Euro. Die Apotheken verdienen an einer Packung also rund 400 beziehungsweise 500 Euro. Die öffentliche Kritik richtet sich zwar in erster Linie auf die Pharmaindustrie. Doch die Politik könnte auch einen Rechtfertigungsdruck verspüren, warum der Apotheker für die Abgabe einer einzigen Packung einen dreistelligen Betrag kassieren soll.
Theoretisch. Denn die Kosten für die Vorfinanzierung fressen Teile der Marge auf. Auch das Risiko des Bruchs oder Verfalls will abgedeckt sein – was sich in Prämien für die Haftpflichtversicherung niederschlägt. Von der Gefahr eines Totalausfalls aufgrund einer Retaxation ganz zu schweigen, der bei solchen Präparaten existenzgefährende Dimensionen annehmen kann.
Hochpreiser sind also nur für Apotheken mit hoher Liquidität attraktiv, bei den meisten Kollegen aber alles andere als beliebt. Man sollte von der Politik erwarten dürfen, beide Seiten der Medaille zu kennen. DAV-Chef Fritz Becker ist deshalb auch nicht sonderlich besorgt, dass es zu einer Honorardeckelung kommt – warnt aber dennoch nachdrücklich vor den möglichen Folgen.
Vollkommen abwegig ist der Gedanke natürlich nicht. Schließlich hat der Gesetzgeber bei der Umstellung des Großhandelshonorars genau so eine Grenze eingezogen. Die Grossisten bekommen seit 2012 nie mehr als 38,70 Euro für die Auslieferung eines Präparats. Eine Packung Solvadi am Lager frisst diese Marge innerhalb eines Monats auf.
Dass der Großhändler selbst nichts an den Hochpreisern verdienen, ist auch für die Apotheken schlecht: Sie erhalten im Einkauf fast keine Rabatte oder müssen die Präparate sogar direkt beim Hersteller beziehen – mit noch kürzeren Zahlungsfristen.
Zwar wird sich das Sovaldi-Problem laut ABDA entschärfen, nachdem die meisten Patienten mit Hepatitis C behandelt wurden. Doch die Entwicklung zu Hochpreisern ist allgemeiner Trend: Das Krebsmittel Glivec (Imatinib) ist ähnlich teuer, eine ganze Reihe von Arzneimitteln haben immhin vierstellige Verkaufspreise, darunter Revlimid (Lenalidomid), Humira (Adalimumab), Enbrel (Etanercept), die Interferone Rebif, Avonex und Betaferon sowie Simponi (Golimumab).
Seit 2010 hat sich der Umsatz mit Arzneimitteln ab 1200 Euro bis Ende 2014 mehr als verdoppelt. Und allein in den ersten drei Quartalen 2015 ist der Umsatz mit Medikamenten mit einem ApU über 4000 Euro nach Zahlen des Großhandelsverbands Phagro um 45 Prozent gestiegen, der Absatz um 22 Prozent.
Ein Honorardeckel würde die Apotheken teuer zu stehen kommen, wie ein Vergleich mit den Großhändlern zeigt. Bei ihnen ist die Honorarschwelle bei einem Arzneimittelpreis von 1238 Euro erreicht. Dieses Segment machte bei Apotheken im vergangenen Jahr im Einkauf rund ein Drittel aus. Die Apotheker würden also kräftig Marge verlieren, wenn ein vergleichbarer Deckel eingeführt würde. Bei gleich bleibenden Risiken.
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