Ab Oktober 2020 soll auf jedem Rezept die Dosierung des verordneten Arzneimittels stehen. So sieht es ein Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vor, der am 20. September im Bundesrat beraten werden soll. Die Ärzte unterstützen den Vorschlag, fordern aber neue Rezeptformulare.
Konkret soll § 2 AMVV geändert werden, sodass die Dosierung künftig zu den Pflichtangaben auf jedem Rezept gehört. Dies gilt nicht, „wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verordnete Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung der ärztlichen Person vorliegt und die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat“.
Während die ABDA in ihrer Stellungnahme einen Schutz vor Retaxationen gefordert hat, wollen die Ärzte möglichst wenig Arbeit haben. Die Dosierung auf dem Rezept zu vermerken, kommt laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) vor allem bei „einfachen“ Verordnungsfällen in Betracht, etwa die zeitlich begrenzte einmal tägliche Gabe von Antibiotika.
In allen anderen Fällen halten die Ärzte einen Medikationsplan – schriftlich oder auf der elektronischen Gesundheitskarte – oder eine schriftliche Dosierungsanweisung für die bessere Alternative. Weil aber aufgrund des begrenzten Platzes auf dem Rezept schon der obligatorische Aufdruck der PZN bei den Softwarehäusern zu erheblichen Umsetzungsproblemen geführt hat, regt die KBV an, dass per Ankreuzen eines neuen oder modifizierten Auswahlkästchens auf das Vorliegen eines Medikationsplans beziehungsweise Einnahmehinweises verwiesen werden könnte. „Damit könnte eine bürokratiearme Umsetzung einer möglichen gesetzlichen Neuregelung gewährleistet werden. Hierzu wird die KBV zeitnah Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband zu einer entsprechenden Anpassung des Bundesmantelvertrags-Ärzte aufnehmen.“
Auch Bundesärztekammer (BÄK) und Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) würden das Muster-16-Formular gerne dahingehend überarbeiten, sodass Mediziner künftig nur noch ein Feld „gemäß schriftlicher Anweisung“ ankreuzen müssen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) schlägt diesbezüglich vor, das bisher nicht belegte Feldes „Begründungspflicht“ auf dem Muster-16-Formular umzuwidmen. In diesem Fall – und zwar nur in diesem Fall – sei auch die Übergangsfrist von einem Jahr ausreichend.
BÄK und AkdÄ regen außerdem an, dass in der Apotheke – sofern keine schriftliche Anweisung vorliegt – die Dosierung auf die äußere Umhüllung des jeweiligen Arzneimittels übertragen und bei Bedarf in einen patientenverständlichen Einnahmehinweis umgerechnet wird – zum Beispiel Tropfen oder Milliliter statt Milligramm.
Das wiederum sieht die KBV kritisch, da es zu Lese- beziehungsweise Übertragungsfehlern und damit zu einem erhöhten Risiko für den Patienten kommen könne. „Zudem könnten notwendige Dosierungsanpassungen dazu führen, dass die ursprünglich vom Apotheker auf die Packung übertragenen Angaben nicht mehr korrekt sind und sich damit für den Patienten ebenfalls ein nicht vertetbares Risiko ergibt.“
Und noch einen Vorschlag machen BÄK und AkdÄ: Sollte es aufgrund einer Substitution in der Apotheke zu Abweichungen zu der vom Arzt vorgegebenen Dosierung kommen – beispielsweise bei unterschiedlichem Tropfenvolumen – soll der Apotheker verpflichtet werden, diese mit entsprechender Information an den Patienten anzupassen und auf der Packung beziehungsweise auf der schriftlichen Anweisung zu vermerken. „Hierbei bleibt es dem Apotheker unbenommen, alternativ gegebenenfalls pharmazeutische Bedenken geltend zu machen und von einer Substitution abzusehen.“
Grundsätzlich sehen die Ärzte in den Dosierungsangaben eine wichtige Maßnahme zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit. „So können durch einen zusätzlichen Kontrollschritt bei der Abgabe des Arzneimittels in der Apotheke Dosierungsfehler verringert werden (Vier‐Augen‐Prinzip)“, schreiben etwa BÄK und AkdÄ. „Außerdem wird die Patientenadhärenz durch eine verbesserte Verständlichkeit der Dosierungsinformation bei der Einnahme durch den Patienten gefördert. Dadurch können Medikationsfehler reduziert und die Patientensicherheit erhöht werden.“
Die KBV wiederum hat noch eine wirtschaftliche Anmerkung: Da die Angabe der Dosierung auf dem Rezept grundsätzlich durch den Arzt und nicht durch eine nicht-ärztliche angestellte Kraft erfolge, sei bei der Berechnung des Erfüllungsaufwands der Wert für eine halbe ärztliche Minute in Höhe von 46,5 Cent anzusetzen und nicht ein mittlerer nicht gewichteter Lohnkostensatz (Arzt + nicht-ärztliche angestellte Kraft) in Höhe von 29,6 Cent. „Der Erfüllungsaufwand beträgt demzufolge 170 Millionen Euro.“
Das BMG hatte mit 108 Millionen Euro für die Ärzte gerechnet und „Entlastungen in anderen Regelungsbereichen“ in Aussicht gestellt. Mehrkosten für die Apotheken wurden nicht veranschlagt.
APOTHEKE ADHOC Debatte