Westfalen-Lippe

DocMorris: Praktikum bei Overwiening Lothar Klein, 21.09.2017 15:18 Uhr

Berlin - 

In den letzten Wochen haben sich bei Gabriele Regina Overwiening, Kammerpräsidentin von Westfalen-Lippe, schon einige Politiker die Klinke in die Hand gegeben. Doch der letzte Besuch hatte schon etwas Besonderes: Jörg Berens, FDP-Kandidat und Social-Media-Manager bei DocMorris, hatte sein Kommen angekündigt. „In der Höhle der Löwin!“, wie die Kammer selbst auf ihrer Facebookseite postete. Rund drei Stunden dauerte der Meinungsaustausch. Dass Berens sich Overwienings Argumenten nicht anschließen konnte, war zu erwarten. Dennoch habe er den Besuch unversehrt überstanden, teilte die Kammer augenzwinkernd mit.

Vereinbart wurde der Besuch in Overwienings Apotheke bei der Podiumsdiskussion von Kammer und Apothekerverband mit den Bundestagskandidaten. Berens hatte trotz oder gerade wegen des doppelt angespannten Verhältnisses zwischen Apothekern und FDP sowie DocMorris als erster zugesagt und sich der „Kritik gestellt“, wie man in der Kammer anerkennend registrierte. Nach der Podiumsdiskussion kamen Overwiening und Berens dann noch ins Gespräch, welches zu der Einladung führte.

Er sei „sehr gespannt“, wie es in einer Vor-Ort-Apotheke zugehe, zeigte sich Berens aufgeschlossen. Sonst kennt er das Apothekenleben hauptsächlich aus der DocMorris-Perspektive. Die Rezepturherstellung ließ er sich erklären: Eine PTA fertigte eine Kapsel. In der Beratungskabine ließ er sich das Anpassen von Kompressionsstrümpfen demonstrieren. Einig war man sich, dass das Apothekenhonorar für solche Dienstleistungen nicht ausreicht.

Aber beim Hauptthema Rx-Versandverbot kam man naturgemäß nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Berens beteuerte nach Darstellung der Kammer, dass auch die FDP die Vor-Ort-Apotheken erhalten, stärken und „nicht kaputt“ machen wolle. Dazu seien andere Vergütungsmodelle erforderlich. Das Rx-Versandverbot zähle aber nicht zu diesen Maßnahmen und sei überdies juristisch nicht haltbar. Berens verwies auf das Grundgesetz.

Aus Sicht von Overwiening steht für die Apotheker bei der Bundestagswahl viel auf dem Spiel: Am Sonntag entscheide sich, ob und wann das von der bisherigen großen Koalition vertagte Rx-Versandverbot auf den Weg gebracht werde. „Für die Sicherstellung einer hochwertigen und flächendeckenden Versorgung mit Arzneimitteln ist das die zentrale Zukunftsfrage“, so die Kammerpräsidentin. Deswegen hatte Overwiening in den letzten Wochen nicht nur Berens in ihre Apotheke eingeladen, sondern alle Bundestagsdirektkandidaten aus Steinfurt und Borken. Bisher haben fünf Politiker die Einladung angenommen.

Den Anfang machte am 30. August Rolf Kohn (Linke) mit einem Besuch in ihrer Apotheke in Reken. Er sieht seine politischen Schwerpunkte in der Behindertenpolitik, Barrierefreiheit und Inklusion und setzt sich unter anderem auch für ein barrierefreies Gesundheitssystem ein. Am Tag darauf empfing Overwiening den FDP-Politiker Dietmar Lütkemeyer in Heek. Der 49-jährige Lehrer ist Experte für Schul- und Sozialpolitik. Am 7. September traf sich die Kammerpräsidentin in der Apotheke am Bahnhof in Reken mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Johannes Röring. Zugleich Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, ist er seit 2005 im Bundestag vertreten. Einen Tag später stand in Heek ein Gespräch mit Bernhard Lammersmann (Die Grünen) an, der als Arbeitsschwerpunkt die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes angibt. Und am 11. September stattete SPD-Politikerin Ingrid Arndt-Brauer in Heek einen Besuch ab. Die vierfache Mutter ist seit 1999 im Bundestag vertreten und Vorsitzende des Finanzausschusses.

„Ich freue mich sehr, dass all diese Politikergespräche in der Apotheke stattfinden können“, so Overwiening, die bereits mehrfach Politiker wie Barbara Steffens, Jens Spahn, Ingrid Fischbach oder Maria Klein-Schmeink in der Offizin begrüßte. „Vor Ort in der Apotheke werden die vielfältigen Versorgungsleistungen, die die Apotheke für die Bevölkerung erbringt, gerade auch für die Politiker, die nicht regelmäßig auf Arzneimittel angewiesen sind, sichtbar.“