DPV/DocMorris-Kooperation

„Wir haben uns vergaloppiert und korrigiert“ Alexander Müller, 13.02.2017 14:57 Uhr

Berlin - 

Die Deutsche Parkinson Vereinigung (DPV) hat zusammen mit DocMorris die Preisbindung ins Wanken gebracht – das EuGH-Verfahren zu Rx-Boni geht auf die Kooperation des Patientenvereins mit der Versandapotheke zurück. Jetzt wechselt die DPV die Seiten und geht eine Partnerschaft mit den Vor-Ort-Apotheken ein. Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Mehrhoff erklärte gegenüber APOTHEKE ADHOC, warum er sich frei von Schuld fühlt und trotzdem seine Entscheidung korrigiert hat.

Seit 2009 gab es eine Kooperation zwischen DocMorris und der DPV: Neben dem normalen Rezeptbonus in Höhe der halben Zuzahlung wurde den DPV-Mitgliedern ein zusätzlicher Rabatt in Höhe von 0,5 Prozent des Warenwertes angeboten. Die Wettbewerbszentrale hatte gegen den mutmaßlichen Verstoß gegen die Preisbindung geklagt und vor dem Landgericht Düsseldorf gewonnen. Doch in zweiter Instanz legte das Oberlandesgericht Düsseldorf den Fall überraschend dem EuGH vor, der im Oktober ausländische Versandapotheken von den Preisvorschriften freisprach.

Jetzt dürfen nicht nur die DPV-Mitglieder Rx-Boni von DocMorris bekommen, sondern alle Kunden. Auch die Europa Apotheek hatte sofort nach dem Urteil ein entsprechendes Konzept an den Markt gebracht. Man habe das Urteil „mit großer Genugtuung“ zur Kenntnis genommen und ein „verkrustetes System“ aufbrechen können, sagte Mehrhoff nach dem EuGH-Urteil.

Jetzt schlägt der DPV-Geschäftsführer andere Töne an. Er habe von seinen Mitgliedern häufiger die Rückmeldung erhalten, dass vor allem der unmittelbare Kontakt zur Apotheke wichtig sei. Die Zusammenarbeit mit der ABDA habe daher eine „verbesserte pharmazeutische Betreuung unserer Mitglieder zum Ziel“, erklärt Mehrhoff. Da man „nicht zweigleisig fahren“ wollte, habe man die Kooperation mit DocMorris beendet.

Dass die DPV-Mitglieder nach der Boni-Freigabe durch den EuGH nunmehr beide Vorteile für sich in Anspruch nehmen – Beratung vor Ort, Rabatt online – erwartet Mehrhoff nicht. „Eine solche Befürchtung halte ich für unwahrscheinlich. So gut kenne ich unsere Mitglieder, die sind treu, schon allein aufgrund des Durchschnittsalters.“ Wie viele die Mitglieder zuvor die Kooperation mit DocMorris in Anspruch genommen haben, dazu hat die DPV allerdings keine Zahlen. Wie zuvor stünden den Mitgliedern selbstverständlich auch künftig beide Versorgungswege frei, so Mehrhoff.

DocMorris soll Verständnis für die Entscheidung der DPV gezeigt haben. Ein Nachtreten seitens der Versandapotheke habe es nicht gegeben, so Mehrhoff, der entsprechende Gerüchte im Markt damit zurückwies. Diesen Gerüchten zufolge soll DocMorris gedroht haben, die Kosten für das Boni-Verfahren gegen die Wettbewerbszentrale doch nicht zu übernehmen, sollte die DPV den Wechsel öffentlich an die große Glocke hängen. „Es gab keine Drohung in diese Richtung“, stellt Mehrhoff klar.

Dass das Verfahren über das frühere Bonus-Modell so weite Kreise ziehen würde, hatte Mehrhoff nicht erwartet. „Wir haben das damals für unsere Mitglieder gemacht. So einen Schritt kann man wieder korrigieren, wenn man sich vergaloppiert hat“, so der DPV-Chef.

Er verwehrt sich aber gegen den Vorwurf, der Patientenverband habe sich von DocMorris vor den Karren spannen lassen. „Nicht wir haben geklagt, wir sind verklagt worden. Und wenn das Bundesgesundheitsministerium dann mit einer ‚Mia-san-Mia-Mentalität‘ vor Gericht auftritt und mangels entsprechender Vorbereitung hinten runterfällt, muss man sich nicht wundern. Wer so einen Streit vom Zaun bricht und keinen Plan B hat, darf sich auch nicht wundern, wenn es schief geht“, so der DPV-Geschäftsführer.

Dass das Urteil für die Apotheken vor Ort negative Konsequenzen haben könnte, sieht aber auch Mehrhoff: „Natürlich ist das eine Ungleichbehandlung und diese muss und wird korrigiert werden.“ An das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geplante Rx-Versandverbot glaubt er allerdings nicht: „Das halte ich für wenig machbar, da das Bundesverfassungsgericht hohe Hürden bei Einschränkungen der Berufsfreiheit vorsieht.“

Doch Gröhe habe sich jetzt „flott vergaloppiert“, und wenn er dabei bleibe, müsse ihm Karlsruhe eben auf die Finger hauen. Das sei von Zeit zu Zeit ja auch mal gut. Mehrhoff ist aber überzeugt, dass es „andere Modalitäten geben wird, um wieder Chancengleichheit herzustellen“. Die ABDA sei der DPV jedenfalls nicht mehr böse wegen des EuGH-Verfahrens.