Dispensierrecht

Pfeifer: „Das ist doch kein Hochverrat“ Lothar Klein, 14.04.2016 10:05 Uhr

Berlin - 

Eine erhitzte Debatte hat Apotheker Dr. Jochen Pfeifer mit seinem Vorschlag ausgelöst, Ärzten im Notdienst ein begrenztes Dispensierrecht einzuräumen. Ein „Shitstorm“ im Internet war die Folge. Pfeifer wurde beschimpft und teilweise beleidigt. „Damit habe ich kein Problem“, sagt der Inhaber der Adler Apotheke in Velbert im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC. Aber: „Die Kommentatoren sollten sich schon überlegen, welches Bild sie damit über unseren Berufsstand abgeben und mit nicht sehr akademischer Ausdrucksweise unter der Gürtellinie anrichten.“

Die Unterstellung, dass er mit seinem Vorschlag den Apothekern schade, sei „falsch und lächerlich“, so Pfeifer. Er sei selbst in seiner Familie in vierter Generation Apotheker und kämpfe für den Erhalt der inhabergeführten Apotheke. Pfeifer: „Aber deswegen zu denken, es kann alles so bleiben wie es ist, ist ein Irrweg.“ Diejenigen, die krampfhaft am Staus quo festhielten, müssten umdenken. Auch Tante-Emma-Läden seien von den meisten Inhabern wie Kunden befürwortet und trotzdem von der Marktentwicklung überrollt worden. „Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit“, so Pfeifer.

„Wir Apotheker brauchen uns vor niemandem zu verstecken und vor niemandem zu kuschen. Daher gibt es keinen Grund für Denkverbote – weder von der ABDA, Kammern, Verbänden oder Kommentatoren auf Online-Foren. Es geht immer um den Patienten und um die bestmögliche Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker.“ Ein „Weiter so“ würde aus seiner Sicht dagegen in einer Zwei-Klassen Pharmazie für Deutschland enden.

In einem Namensbeitrag in der Ärzte Zeitung hatte Pfeifer angeregt, dass Ärzte im Notdienst Medikamente abgeben können sollen. Dass nur Apotheker Arzneimittel abgeben dürften, sei gerade bei der Akutversorgung wenig hilfreich. Patienten, die im Notdienst versorgt würden, müssten danach die nächste geöffnete Apotheke aufsuchen.

Auch in seiner Apotheker habe er schon häufig erlebt, dass für ältere Patienten die nächste Notdienstapotheke nicht erreichbar sei. Bei Nacht und in ländlichen Gebieten könne das umständlich und für den Patienten mitunter sogar unzumutbar sein, so Pfeifer. Dies führe nicht selten dazu, dass sich notwendige medikamentöse Behandlungen verzögerten. „Da müssen wir Apotheker doch mithelfen, praktische Lösungen anzubieten. Es macht doch keinen Sinn, sich an Jahrhunderte alte Regeln zu klammern, wenn sich die Welt um uns herum ändert.“

„Ich wollte damit keinen Staub aufwirbeln“, so Pfeifer zu APOTHEKE ADHOC: „Aber ich wollte Gedanken äußern gegen Denkverbote in der Apothekerschaft.“ Klar sei doch allen Praktikern, dass die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker optimiert werden müsse.

Er wehre sich gegen Unterstellungen, er sehe Apotheker dabei ausschließlich als Assistenten der Ärzte. „Jeder hat seine Aufgabe. Wichtig ist doch, dass der Patient am Ende zu 100 Prozent gesund wird. Welchen Anteil daran Ärzte und Apotheker jeweils einzeln haben, ist egal“, so Pfeifer.

Auch die Politik habe bereits ihr Augenmerk auf die Zusammenarbeit der Heilberufe gerichtet. „Wir müssen nach Lösungen suchen, ohne das ganze System umzukrempeln“, so Pfeifer. Er habe daher niemals von einem vollständigen Dispensierrecht für Ärzte gesprochen, sondern von der „Optimierung der Zusammenarbeit“.

Aus diesem Grund sei er mit seinem Vorschlag und dem Namensbeitrag selbst auf die Ärztezeitung zugegangen. Er habe sich dieses Blatt und nicht Apothekermedien ausgesucht, „weil ich mit meiner Idee die Ärzte erreichen wollte“. „Man kann sich als Apotheker doch mal an Ärzte wenden. Das ist doch kein Hochverrat.“ Solche Überlegungen könnten nur funktionieren, „wenn die Ärzte mitmachen.“

Pfeifer ist als Querdenker bekannt, der gerne mit seinen Positionen polarisiert. Der Apotheker hat in Düsseldorf und Gainesville, Florida, studiert und bei Professor Dr. Gerd Glaeske an der Universität in Bremen 2014 promoviert. Er ist Lehrbeauftragter an der Hochschule Rosenheim und Associate Professor am College of Pharmacy der University of Minnesota sowie Fellow der American Society of Consulting Pharmacists an der International School of Management in Dortmund. Seit Anfang 2012 leitet er die Adler-Apotheke samt angeschlossenem Versandhandel.